Ihre Mitbestimmungsrechte: Wenn der Chef wegen einer Kleinigkeit kündigt
Manchmal reichen Kleinigkeiten für eine fristlose Kündigung. Ein verspeistes Brötchen vom Kunden-Buffet, ein fremder, aber selbst eingelöster Pfand-Bon – oder ein Gutschein über 23 €.
Auf die Höhe des Schadens kommt es nicht an
Der Fall: Ein Store-Leiter aus Oberhausen hatte nach Ansicht des Arbeitgebers einen Gutschein unberechtigt verwendet. Dadurch war dem Arbeitgeber ein finanzieller Nachteil in Höhe von 23 € entstanden. Dafür erhielt der Store-Leiter die fristlose Kündigung.
Das Urteil: Die Kündigung ist wirksam. Nach Ansicht der Richter reicht schon ein derart kleiner Schaden, damit der Arbeitgeber fristlos kündigen darf, weil schon ein solcher Vorfall geeignet ist, damit das Vertrauen des Arbeitgebers in einen Store-Leiter erschüttert ist (Arbeitsgericht Oberhausen, 12.11.2021, 3 Ca 400/21).
3 Fälle: Wenn Kleinigkeiten für die Kündigung reichen
Das hätte der Store-Leiter aus Oberhausen sich auch denken können: Die Oberhausener Richter folgen damit einer häufigen Rechtsprechung, nach der es auf die Höhe des durch das Fehlverhalten der Kollegin oder des Kollegen entstandenen Schadens nicht ankommt. Andere Gerichte sehen das anders. Wie schwer die Aussichten vor Gericht einzuschätzen sind, zeigen die folgenden drei Beispielsfälle:
Fall Nr. 1: Fast 30 Jahre war der Kollege schon in dem Betrieb beschäftigt. Doch dann das: Der Sicherheitsdienst hatte den damals 51jährigen dabei beobachtet, wie er Elektrokabel in den Kofferraum seiner Autos lud. Die sofort informierte Geschäftsführerin forderte die Öffnung des Fahrzeugs – und fand Kabel und Kabelmäntel im Wert von 76,50 €. Dafür kassierte der Kollege die fristlose Kündigung. Der Betriebsrat hatte Bedenken wegen der langen Beschäftigungszeit des Kollegen.
Das Urteil: Doch das half nichts. Das Gericht hielt die Kündigung trotzdem für gerechtfertigt und damit für wirksam, weil – wie so oft in diesen Fällen – das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wegen des Fehlverhaltens zerstört war (Arbeitsgericht Hagen, 13.02.2016, 5 Ca 225/16).
Fall Nr. 2: Eine Redakteurin schickte ihrem Mann im Ausland einen Brief, den sie der Einfachheit halber der Poststelle ihrer Arbeitgeberin zum Versand gab. Das fiel erst auf, als der Brief wieder zurückkam, weil die Adresse nicht stimmte. Die Arbeitgeberin kündigte wegen 3,70 €. So hoch war das Porto für den Brief.
Das Urteil: Glück gehabt! Weil in dem Brief der neue Journalistenausweis des Ehemanns steckte, der gelegentlich auch für den Arbeitgeber arbeitete, hielten die Richter den Versand über die Poststelle für gerechtfertigt, weil auch ein betrieblicher Bezug vorlag. Eine Abmahnung hätte gereicht, fand das Gericht (Arbeitsgericht Mannheim, 5 Ca 53/17).
Fall Nr. 3: Ein Kollege hatte in einem bayerischen Betrieb ein 500-Gramm-Brot eingesteckt. Der Wert: 1,30 €. Er wurde erwischt und wurde gekündigt.
Das Urteil: Diesmal zu Recht. Ein Diebstahl einer geringwertigen Sache zu Lasten des Arbeitgebers oder zum Nachteil anderer Kolleginnen und Kollegen sei kein Kavaliersdelikt, so die Richter, sondern eine Straftat (LAG Nürnberg, 16.10.2007, 7 Sa 182/07).
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