Arbeiten am Strand statt im Betrieb. Dafür gibt’s inzwischen ein Wort: Workation. Das steht für Arbeit (Work) und Urlaub (Vacation) zur gleichen Zeit. Immer mehr Kolleginnen und Kollegen sind bereit, sich auf ein solches Abenteuer einzulassen. Vor der Entscheidung, sollten Sie als Personalrat ihnen aber noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben.
Home-Office „Deluxe“
Nach der Arbeit aus den eigenen vier Wänden während der Corona-Pandemie, folgt jetzt der nächste Schritt: Das „Home- Office Deluxe“. Viele Kolleginnen und Kollegen dürften Feuer und Flamme für diese neue Beschäftigungsform sein, die den Arbeitsplatz vom Betrieb an den Strand, in eine Ferienwohnung oder ins Hotelzimmer verlegt. Eine Übersicht:
Wer „Workation“ schon erlaubt
Adidas | 10 Tage |
SAP | 30 Tage |
Continental | 40 Tage |
Bosch | 54 Tage |
Merck | 60 Tage |
5 Tipps: Was vor dem Kofferpacken bedacht sein sollte
Doch bevor Ihre Kolleginnen und Kollegen gedanklich schon die Koffer packen: Vor der Arbeit aus dem Ausland sind noch einige Hürden zu bewältigen. 3 Tipps, auf was zu achten ist:
Tipp Nr. 1: Die Rechtsfragen klären
Andere Länder, andere Sitten. Und andere Regeln. Ins Ausland zu reisen, um Urlaub zu machen, und ins Ausland zu reisen, um von dort auf zu arbeiten, sind zwei grundverschiedene Dinge. Land und Dauer des Aufenthalts können sich auf die Einkommensteuer und die Sozialversicherungsabgaben auswirken.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Bevor Sie als Personalrat mit Ihrer Dienststelle über eine Dienstvereinbarung zum Thema „Workation“ verhandeln, sollte die Geschäftsführung erst ein paar Hausaufgaben machen. Dazu gehört, sich über bestimmte rechtliche Gefahren zu informieren. Sonst können Ihrer Dienststelle und Ihren Kolleginnen und Kollegen erhebliche Nachteile drohen.
Tipp Nr. 2: Nicht mehr als 182 Tage
Wer aus dem Ausland seiner Tätigkeit nachgehen möchte, sollte den Taschenrechner und seinen Kalender herausholen: Selbst in europäischen Ländern gilt oft einkommensteuerrechtlich eine Höchstaufenthaltsdauer von 182 Tagen pro Jahr. Das heißt: Verbringt die Kollegin oder der Kollege zusammengerechnet über das ganze Jahr mehr Zeit im Ausland als zu Hause in Deutschland (bei 365 Tagen sind das ab 183 Tage), kann sie oder er im Ausland und nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig sein.
Hinzu kommt: Erfüllt die Kollegin oder der Kollege seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht an seinem betrieblichen Arbeitsplatz, sondern in einem EU-Land, ist unter Umständen eine A1-Bescheinigung und etwas mehr Info dazu erforderlich, mit der sie oder er nachweisen kann, während der Tätigkeit im Ausland in Deutschland weiterhin versichert zu sein.
In den USA und anderen nicht zur EU gehörenden Ländern brauchen Ihre Kolleginnen und Kollegen sogar eine Arbeitserlaubnis – auch wenn die Tätigkeit am Strand, im Ferienhaus oder im Hotel aufgrund eines in Deutschland bestehenden Arbeitsverhältnisses erfolgt. Die steuerliche 183-Tage-Regelung gilt in den Vereinigten Staaten außerdem. Das heißt: Kolleginnen und Kollegen, die in solchen Ländern ihrer deutschen arbeitsvertraglichen Tätigkeit nachgehen, riskieren sogar schwerwiegendere Folgen, wie steuerliche Nachteile und zukünftige Einreiseverbote.
Tipp Nr. 3: Regeln des jeweiligen Landes beachten
Selbst bei einer vorübergehenden Verschiebung der beruflichen Tätigkeit in ein anderes EU-Land, wie zum Beispiel für Kolleginnen und Kollegen, die gerne regelmäßig auf Mallorca sein und dort für Ihren Betrieb tätig werden wollen, kann es zu Problemen bei
- Überstunden,
- Jahresurlaub,
- Kündigungsfrist oder
- Rentenanspruch
kommen, weil in den anderen EU-Ländern andere Regelung zur Anwendung kommen. Und diese sind zumeist weniger günstig, als in Deutschland. Und das ist auch konsequent, denn auch für in Deutschland arbeitende Kollegen mit ausländischen Arbeitsverträgen, gelten die deutschen Rechtsvorschriften. Umgekehrt ist das also genauso.
Wichtiger Hinweis: Ein hohes Risiko besteht außerdem bei Arbeitsunfällen, wenn die Kollegin oder Kollege in der Ferienwohnung zum Beispiel auf der Treppe stolpert und sich verletzt. Die Gefahr, dass ein solcher Zwischenfall in Deutschland nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird und damit wichtige Ansprüche, wie etwa auf eine Erwerbsminderungsrente, nicht anerkannt werden, ist hoch.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Halten Sie Kolleginnen und Kollegen, die im Ausland am Strand oder sonst wo arbeiten wollen, diese Risiken vor Augen und schließen Sie keine entsprechende Dienstvereinbarung, bevor jedes Detail geklärt ist.
Stand (17.10.2022)