Der Sommer ist da. Jedenfalls so gut wie. Damit verstärkt sich aber wieder ein Problem, dass viele Arbeitgeber, aber auch viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen, die dafür mehr arbeiten müssen, wirklich stört: Die „Quasselstrippen“ und „Dauersurfer“ in Ihrem Betrieb, die vom Arbeitsplatz aus im Internet stundenlang ihren Urlaub planen oder sich zusammentelefonieren, um sich abends im Biergarten zu verabreden. Das Einzige, was hilft, sind klare Spielregeln.
Höchste Zeit für klare Spielregeln
Ein totales Verbot, am Arbeitsplatz privat zu telefonieren oder zu surfen, ist eindeutig die beste Lösung. Nur leider nicht mehr praktikabel. Wer als Arbeitgeber heutzutage private Telefonate verbietet, findet sich schnell mit negativen Kommentaren auf Facebook, Twitter & Co. wieder. Das macht die ohnehin schon komplizierte Personalsuche nur noch schwerer.
Die bessere Lösung: Klare Spielregeln! Das halten die meisten Kolleginnen und Kollegen für fair. Schließlich will keiner die Arbeit für eine Quasselstrippe oder einen Dauersurfer noch zusätzlich zu den eigenen Aufgaben erledigen.
Nur mit Einschränkungen
Ein guter Weg: Ihr Arbeitgeber erlaubt Ihren Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz privat zu telefonieren – aber mit Einschränkungen. Den Arzttermin klarmachen, mit dem Kindergarten telefonieren – das alles ist nicht zu beanstanden.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Der Schaden solcher Anrufe hält sich in Grenzen, weil die meisten Betriebe eine Telefon-Flatrate eingerichtet haben, durch die für normale Gespräche im Inland keine zusätzlichen Gebühren anfallen. Das sollte Sie als Betriebsrat trotzdem nicht davon abhalten, klare Regeln mit dem Arbeitgeber zu treffen.
Verbieten lassen Sie zum Beispiel ausdrücklich private Anrufe außerhalb der Pausen, zu teuren Mehrwert-Nummern, zu Gewinnspielhotline, zu Telefonnummern, die Zusatzkosten verursachen oder ins Ausland.
Eine entsprechende Regelung, die jeder versteht, können Sie als Betriebsrat mit dem Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung zum Beispiel so formulieren:
Wichtiger Hinweis: Eine solche Regelung betrifft, soweit diese nicht bereits individuell im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, die betriebliche Ordnung und das Verhalten Ihrer Mitarbeiter am Arbeitsplatz. Das gibt Ihnen als Betriebsrat ein klares Mitbestimmungsrecht (§ 87 Absatz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Legen Sie in den Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber – sofern nicht schon geschehen – auch gleich ganz klar fest, welche Regeln für die private Nutzung des betrieblichen Internets gelten sollen.
Kontrolle muss sein: Aber nur unter diesen Bedingungen
Die beste Regelung nutzt wenig, wenn sich deren Einhaltung nicht überprüfen lässt. Und genau hier wird es schwierig: Als Betriebsrat müssen Sie nämlich nicht nur die Interessen der Kolleginnen und Kollegen schützen, die zusätzlich die Aufgaben der „Viel-Telefonierer“ und „Dauersurfer“ übernehmen müssen, sondern auch jener, die gerne und lange an der Strippe hängen oder im Internet unterwegs sind.
Auf der anderen Seite hat aber auch Ihr Arbeitgeber berechtigte betriebliche Interessen an solchen Kontrollen. Das kann zum Beispiel der Fall sein, um Straftaten oder andere schwere Pflichtverletzungen zu verhindern oder aufzuklären.
Da hilft nur eins: Treffen Sie mit dem Arbeitgeber eine klare Vereinbarung. Werden Sie als Betriebsrat übergangen, können Sie die Nutzung der Technik bzw. der Kontrolleinrichtungen gerichtlich untersagen lassen. Internet und E-Mail-Verkehr dürfen nämlich nur nach folgenden Kriterien überwacht werden:
Muster: So vereinbaren Sie Einschränkungen für private Telefonaten
§ … – Private Kommunikation
(1) Private Telefonate während der Arbeitszeit sind erlaubt.
(2) Von dieser Erlaubnis ausgenommen sind Anrufe zu Mehrwert-Nummern und solchen, durch die zusätzliche Kosten entstehen, die Teilnahme an telefonischen Gewinnspielen sowie Anrufe ins Ausland. Ein Verstoß gegen dieses Verbot kann zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
(3) Private Telefonate sind nur in angemessenem Rahmen zulässig, wobei der Mitarbeiter stets die Interessen des Arbeitgebers zu berücksichtigen hat.
Das sind die Regeln
Ist in Ihrem Betrieb nur die dienstliche Nutzung des Internets erlaubt, darf Ihr Arbeitgeber:
die Verbindungsdaten, das heißt
- Absender,
- Empfänger,
- Zeitpunkt und
- Dauer der Kommunikation kontrollieren, um die Kostenerfassung zu gewährleisten und feststellen zu können, ob der Einsatz von Internet und E-Mail tatsächlich zu dienstlichen Zwecken erfolgt ist, sowie
die Adresse einer aufgerufenen Website sowie den Zeitpunkt des Aufrufs überprüfen.
Wichtiger Hinweis: Trotz der weitgehenden Interessen des Arbeitgebers muss auch bei einer ausschließlich dienstlichen Nutzung des Internets aber natürlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht Ihrer Kolleginnen und Kollegen sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) berücksichtigt werden.
Ist in Ihrem Betrieb die private Nutzung des Internets in begrenztem Umfang erlaubt, darf Ihr Arbeitgeber nicht so streng kontrollieren. Zulässig sind aber auch dann noch Überwachungsmaßnahmen zum Schutz vor
- erheblichen Kosten,
- einem Virus-Befall der betrieblichen EDV oder
- einer Überlastung der Datennetze, beispielsweise wenn übermäßig viele Downloads erfolgt sind.
E-Mails: Wann der Chef mitlesen darf
Bei der Kontrolle des E-Mail-Verkehrs ist insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu schützen. Außerdem muss das Fernmeldegeheimnis gewährleistet sein. Wegen überwiegender Interessen kann Ihr Arbeitgeber aber Überwachungsmaßnahmen zum Schutz
- Ihrer Kolleginnen und Kollegen vor Belästigungen (= Spamfilter) oder
- der Datennetze vor Infizierung durch Viren (= Virenscanner)
nutzen.
Wichtiger Hinweis: Ein besonders heißes Eisen ist die .berprüfung des Inhalts von dienstlichen E-Mails. Da diese dem gleichen Zweck dienen, wie eine dienstliche Akte in Papierform, ist die Kontrolle grundsätzlich erlaubt.
Allerdings muss auch hier das Persönlichkeitsrecht Ihrer Kolleginnen und Kollegen beachtet werden. Verboten sind
- die inhaltliche Überprüfung der E-Mails und
- die Auswertung der Verbindungsdaten.
Private E-Mails: Diese Ausnahmen gibt’s
Private Emails sind tabu. Diese Nachrichten darf der Arbeitgeber inhaltlich nicht prüfen. Es gibt aber Ausnahmen:
Im Einzelfall dürfen inhaltliche Kontrollen durchgeführt werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass
- eine schwere Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten,
- eine sexuelle Belästigung,
- eine Straftat,
- des Verrats von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen oder
- Mobbing vorliegt.
Wie Ihr Arbeitgeber reagieren kann
Hält sich eine Kollegin oder ein Kollege nicht an das Verbot,
- Telefon,
- Internet und
am Arbeitsplatz außerhalb der Pausen nicht nutzen zu dürfen, muss das aber nicht gleich harte Konsequenzen haben.
Zwei praktische Maßnahmen: Damit können Sie sich als Betriebsrat anfreunden
Überzeugen Sie als Betriebsrat Ihren Arbeitgeber, dass auch einfache Maßnahmen helfen, um die Kollegin oder den Kollegen im Auge zu behalten. Zum Beispiel diese:
Maßnahme Nr. 1: Vereinbaren Sie mit dem Arbeitgeber, dass Bildschirme am Arbeitsplatz Ihrer Kolleginnen und Kollegen so platziert werden, dass andere Kollegen und Vorgesetzte diese einsehen können. So verhindern Sie, dass sich manche hinter dem Arbeitstisch verbarrikadieren und privat im Internet surfen oder E-Mails tippen.
Maßnahme Nr. 2: Stemmen Sie sich nicht gegen die Beschäftigung von Kolleginnen und Kollegen in Großraum- statt in Einzelbüros. Dann fallen private Gespräche bei der Arbeit auf und das Problem wird „unter Kollegen“ schnell geregelt.
Stand (06.06.2023)