Ungefähr jede dritte Kollegin und jeder dritte Kollege ist in einer Partei. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für politische Bildung. Parteimitgliedschaften sind damit im öffentlichen Dienst deutlich stärker verbreitet, als zum Beispiel bei Angestellten in der freien Wirtschaft oder unter Selbstständigen. In den meisten Fällen ist die Parteizugehörigkeit kein Problem. Doch es gibt Ausnahmen.
„Der III. Weg“ führt nicht in die Polizei
Der Fall: Dieser Weg führt nicht in die Polizei. Diese Erfahrung musste jetzt ein Rheinland-Pfälzer machen, der Polizeivollzugsbeamter werden wollte. Bis kurz vor der Ausbildung war der Mann über Jahre zahlendes Mitglied der Partei „Der III. Weg“. Das ergab eine nachrichtendienstliche Untersuchung. Daraufhin widerrief die Dienststelle das Beamtenverhältnis mit dem angehenden Polizeivollzugsbeamten.
Das Urteil: Mit Recht. Ein Polizeivollzugsbeamter, der eine rechtsextremistische Partei jahrelang durch seine Mitgliedsbeiträge aktiv unterstützt und erst vier Monate vor dem Beginn des Vorbereitungsdienstes austritt, gefährdet das Vertrauen der Gesellschaft und seiner Kolleginnen und Kollegen in seine Integrität und seine Verfassungstreue und ist als Angehöriger der Polizei nicht tragbar (VG Mainz, am 11.01.2023 veröffentlichter Beschluss vom 03.01.2023, 4 L 708/22).
Wann eine Parteimitgliedschaft zum Kündigungsgrund wird
Während es in der freien Wirtschaft mitunter schwieriger ist, einer Kollegin oder einem Kollegen wegen der Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Partei zu kündigen, kann dies im öffentlichen Dienst schnell gehen – jedenfalls für solche Kolleginnen und Kollegen, die
- Beamte oder
- als Arbeitnehmer mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatten sind.
Wichtiger Hinweis: Damit besteht für Ihre Kolleginnen und Kollegen ein höheres Risiko für eine Beendigung des Dienstverhältnisses, weil für öffentlich Bedienstete strengere Anforderungen an das eigene Verhalten gestellt werden.
Dieses Bekenntnis macht den Unterschied
Im Unterschied zu Arbeitnehmern in der privaten Wirtschaft, müssen sich Ihre Kolleginnen und Kollegen durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen, sofern es sich um Beschäftigte
- des Bundes oder
- anderer Arbeitgeber, in deren Aufgabenbereich auch hoheitliche Tätigkeiten fallen,
handelt (§ 41 Satz 2 TVöD).
Eine Pflicht trifft jede Kollegin und jeden Kollegen
Außerdem hat jeder Deutsche nach seiner Eignung den gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG). Diese Eignung umfasst dabei ganz klar alle Eigenschaften, die zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten erforderlich sind – und dazu gehört eben auch die Treue zur Verfassung.
Wichtiger Hinweis: Für Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft kommt eine politische Betätigung oder eine Mitgliedschaft in einer bestimmten Partei als verhaltensbedingter Kündigungsgrund nur in Frage, wenn hierdurch gleichzeitig Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis – wie zum Beispiel die Wahrung des betrieblichen Friedens – verletzt werden.
Für Ihre Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst heißt das, dass nicht nur ein
- zu beanstandetes Verhalten im Dienst, sondern auch
- ein außerdienstliches Verhalten
ein Verstoß gegen die Treuepflicht und damit ein Kündigungsgrund sein kann, sofern es dazu zu einer Störung im Dienstverhältnis kommt. Und zwar auch schon dann, wenn die Schwelle zur Straftat noch nicht überschritten worden ist.
Wo nur die „einfache Treuepflicht“ gilt
Fallen keine hoheitlichen Tätigkeiten in den Aufgabenbereich Ihrer Kollegin oder Ihres Kollegen, gilt dagegen nur eine „einfache politische Treuepflicht“ (BAG, Urteil vom 12.05.2011, 2 AZR 479/09).
Diese Pflicht wird nach Einschätzung des höchsten deutschen Arbeitsgerichts erst durch ein Verhalten verletzt, dass in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet ist, verfassungsfeindliche Ziele einer Organisation oder Partei zu fördern oder zu verwirklichen.
Für Ihre Kolleginnen und Kollegen, denen keine hoheitlichen Tätigkeiten übertragen sind, reicht es also, wenn die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aktiv bekämpft wird. Die Schwelle hierzu ist aber schnell überschritten, wie dieser Beispielsfall zeigt:
So schnell kann es trotzdem zur Kündigung kommen
Der Fall: Ein Gärtner und Straßenreiniger im öffentlichen Dienst verbreitet auf seinem Facebook-Account ausländerfeindliche Äußerungen. Dafür erhält er von der Dienststellenleitung die fristlose Kündigung.
Das Urteil: Die Kündigung ist wirksam, weil die Äußerung extremer politischer Ansichten durch eine Kollegin oder einen Kollegen im öffentlichen Dienst dem Ruf des Arbeitgebers schaden können (Arbeitsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 24.11.2015, 5 Ca 1444/15).
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Gerade bei der Kündigung einer Kollegin oder eines Kollegen ohne amtliche Befugnisse wegen Zweifeln an der Verfassungstreue sollten Sie als Personalrat genau hinschauen – und rechtzeitig das Gespräch mit der Kollegin oder dem Kollegen suchen.
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