In die eigene Tasche wirtschaften: Das war wohl das Ziel eines städtischen Sachbearbeiters. Der Kollege stellte Fahrzeuge der Stadtverwaltung ins Internet – um sie dann selbst zu ersteigern.
Zwei Mercedes und ein Dacia
Der Fall: Ein Mercedes Vito. Einen Dacia – und noch ein Mercedes. Diese Fahrzeuge bot der Kollege im Auftrag seiner Dienststellenleitung auf eine Auktionsplattform zum Ersteigern an. Dabei machte er falsche Angaben zu den Fahrzeugen. In einem Fall gab er an, der Mercedes habe keine TÜV. Tatsache war aber, dass die Hauptuntersuchung problemlos verlaufen sei. Bei dem anderen Mercedes gab er sogar an, dass Fahrzeug sei nicht fahrbereit. Anschließend ersteigerte der Kollege die Fahrzeuge selber.
Als seine Dienststellenleitung davon erfuhr kündigte sie – nachdem die Kolleginnen und Kollegen des dortigen Personalrats zugestimmt hatten – fristlos. Doch der Kollege wehrte sich: Die Fahrzeuge, die er auf die Auktionsplattform im Auftrag der Dienststellenleitung einstellen sollte – seien größtenteils abgeschrieben gewesen und hätten das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Er selbst habe die Fahrzeuge gar nicht besichtigen können und habe sich auf die Angaben Dritter – an die er sich nicht mehr erinnern könne – verlassen müssen.
Das Urteil: Die außerordentliche Kündigung ist wirksam. Und das gleich aus mehreren Gründen: Bei der Stadtverwaltung, bei der dieser Kollege beschäftigt war, galt – wie in vielen anderen Dienststellen auch – eine Dienstordnung, nach der Bedienstete in dienstlichen Angelegenheiten, die ihre persönlichen Angelegenheiten berühren könnten, nicht für sich selbst oder ihre Angehörigen tätig werden dürfen. Über diese Dienstordnung hatte sich der Kollege hinweggesetzt. Das Gericht sah es außerdem so, dass der Kollege seine Stellung missbraucht hat, um sich selbst in eine günstige Position bei dem Erwerb von Fahrzeugen zu bringen, bei denen er selbst die Verkaufsunterlagen erstellt hatte und sich entgegen der Dienstordnung an der Auktion beteiligt hatte. Die Richter waren der Auffassung, dass dem Kollegen hätte bewusst sein müssen, dass er nicht als Bevollmächtigter des Verkäufers dessen Vermögen pflichtgemäß betreuen konnte, in dem er gleichzeitig als potenzieller Käufer andere Interesse verfolgte – mit anderen Worten: Die Richter machten dem Kollegen den Vorwurf der Untreue. Dies habe sich schon daran gezeigt, dass er der Stadtverwaltung gegenüber andere Erwerber angegeben hatte, obwohl er die Fahrzeuge für sich selber erwarb (Arbeitsgericht Aachen, Pressemitteilung vom 16.11.2022 zum Urteil vom 25.10.2022, 6 Ca 1410/22).
Mein Tipp als Personalratsanwalt: In diesem Fall hatte der Personalrat der Kündigung des Kollegen zugestimmt. Bevor Sie aber „grünes Licht“ für die außerordentliche Kündigung einer Kollegin oder eines Kollegen geben, sollten Sie zuerst die Kündigungsgründe, die Ihnen die Dienststellenleitung in der Anhörung mitteilen muss, in Ruhe prüfen.
Schnell-Check: So prüfen Sie die Kündigungsgründe
Ja | Nein | |
Liegt ein wichtiger Grund für die Kündigung, wie zum Beispiel eine schwere Pflichtverletzung – in diesem Fall der Verstoß gegen die Dienstordnung – odereine Straftat – wie hier eine Untreue – gegenüber der Dienststelle oder einer anderen Kollegin oder einem anderen Kollegen vor? | ||
Trifft die Kollegin oder den Kollegen ein Verschulden? | ||
Gibt es keine milderen Reaktionsmöglichkeiten der Dienststelle, wie zum Beispiel die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, an dem die Gefahr einer Pflichtverletzung geringer ist? | ||
Ergibt die abschließende Interessenabwägung, dass das Interesse der Dienststellenleitung an der sofortigen Beendigung des Dienstverhältnisses das Interesse der Kollegin oder des Kollegen an der Weiterbeschäftigung überwiegt – weil zum Beispiel das Vertrauen in die Kollegin oder den Kollegen vollständig verloren gegangen ist? |
Nur wenn Sie als Personalrat alle diese Fragen mit einem klaren „Ja“ beantworten können, ist die außerordentliche Kündigung der Kollegin oder des Kollegen möglich.
Näheres zum Thema Mitbestimmung des Personalrats bei Kündigungen finden Sie hier.
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