Frage: Ein Kollege, der bei uns in der Poststelle beschäftigt ist, feiert gerade krank. So sieht es jedenfalls unsere Dienststellenleitung. Tatsächlich betreibt er, wie ich herausgefunden habe, nebenher eine kleine Kneipe – und da schuftet er jeden Abend. Unsere Dienststellenleitung hat ihm aus diesem Grund gekündigt – ohne uns um Zustimmung zu bieten. Was kann er jetzt tun?
Antwort: Ihre Dienststellenleitung wird wahrscheinlich – sobald sie den Fehler bemerkt – gleich noch ein zweites Mal kündigen. Denn die erste Kündigung ist mangels ordnungsgemäßer Personalratsanhörung schlichtweg unwirksam. Diesmal wird Ihre Dienststellenleitung aber erst kündigen, nachdem Sie als Personalrat der Kündigung zugestimmt haben oder Ihre Zustimmungsfrist abgelaufen ist. Dann hat Ihre Dienststellenleitung gute Chancen, dass zumindest diese Kündigung Bestand hat.
Das zeigt dieser Fall: Ein bei einem Münchener Betrieb beschäftigter Kraftfahrer hatte sich arbeitsunfähig gemeldet. Kurz darauf erfuhr der Arbeitgeber, dass der Mitarbeiter während seiner Krankschreibung ein Café betrieben hatte. Der Arbeitgeber wollte den Mitarbeiter daraufhin fristlos entlassen und hörte den Betriebsrat hierzu an. Da er der Ansicht war, der Betriebsrat habe keine Bedenken gegen die fristlose Kündigung, kündigte er dem Mitarbeiter am folgenden Tag. Zwei Tage später widersprach der Betriebsrat der Kündigung. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber erneut fristlos. Gegen beide Kündigungen klagte der Mitarbeiter.
Das Urteil: Nach Meinung der Bundesrichter war lediglich die 1. Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam, da der Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen hatte, bevor die Frist zur Stellungnahme des Betriebsrats abgelaufen war. Dagegen sei der Betriebsrat zur 2. Kündigung ordnungsgemäß angehört worden. Die außerordentliche Kündigung könne auch in der Sache in zweierlei Hinsicht gerechtfertigt sein. Arbeite ein Mitarbeiter trotz Krankschreibung, so könne das ein Hinweis darauf sein, dass er in Wirklichkeit gar nicht arbeitsunfähig ist. Außerdem könne hierin eine pflichtwidrige Verzögerung der Heilung liegen (BAG, Urteil vom 03.04.2008, Az.: 2 AZR 965/06).
Stand (16.09.2024)