Die Zeiten, in denen ein Arbeitsvertrag auf eine Seite passte, sind lange vorbei. Inzwischen sind Verträge über 10 oder 15 Seiten keine Seltenheit. Der Grund: Dienststellenleitungen und Arbeitgeber wollen sich durch eine ganze Serie von Vertragsklauseln absichern. Das klappt aber nicht immer. Zahlreiche Klauseln in aktuellen Arbeitsverträgen sind unwirksam. Mit anderen Worten: Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen.
Darum enthalten aktuelle Arbeitsverträge so viele „faule Eier“
Arbeitsverträge werden in der Regel einmal unterschrieben – und dann nie mehr angefasst. Viele Arbeitsverträge sind 10, 20 oder sogar 30 Jahre alt. Das Problem: Werden die Arbeitsverträge nicht ständig aktualisiert, enthalten sie schnell unwirksame Vereinbarungen. So wie diese 4 Klauseln:
Klausel Nr. 1: Ausschlussfrist
Wenn Schluss ist, ist Schluss. Viele Dienststellenleitungen wollen am Ende des Beschäftigungsverhältnisses die Sicherheit, dass keine weiteren Ansprüche, wie zum Beispiel auf Urlaubs- oder Überstundenabgeltung mehr verlangt werden. Dazu haben Ihre Kolleginnen oder Kollegen nämlich satte drei Jahre ab Entstehung des Anspruchs Zeit. Die Auszahlung von Überstunden, die in den letzten drei Jahr geleitetet wurden, können beispielsweise noch bis zum 31.12. 2024 verlangt werden. Um das zu vermeiden, steht in vielen Arbeitsverträgen diese Ausschlussklausel
§ … – Ausschlussfrist
- Beide Arbeitsvertragsparteien können Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten.
- Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Diese Klausel ist wegen einem einzigen Wort aktuell hunderttausendfach unwirksam:
„Beide Arbeitsvertragsparteien können Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend machen.“
Schuld daran ist die erwähnte kaum bemerkte Gesetzesänderung: Danach dürfen aktuell verwendete Ausschlussklauseln maximal „Textform“ vorschreiben. Ist in der Klausel „Textform“ vereinbart, z. B. durch den Satz
„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis können nur innerhalb einer Frist von zwei Monaten in Textform geltend gemacht werden“,
können Ihre Kolleginnen und Kollegen Ansprüche per
- E-Mail,
- Fax oder
- Brief
geltend machen (§ 127 BGB).
Wichtiger Hinweis: Seit kurzem dürfen aufgrund einer Gesetzesänderung im Nachweisgesetz Arbeitsverträge aber sogar mündlich geschlossen werden. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch Klauseln mit Hinweis auf die Textform von den Arbeitsgerichten für unwirksam gehalten werden.
Klausel Nr. 2: Urlaub
Noch ein arbeitsrechtliches Thema, bei dem sich die Rechtsprechung ständig ändert – nicht zuletzt, weil sich in letzter Zeit auch immer wieder der Europäische Gerichtshof (EuGH) einschaltet: Der Urlaub. Viele Klauseln in Arbeitsverträgen rund um dieses Thema sind inzwischen unwirksam. So wie diese:
§ … – Urlaub
- Dem Arbeitnehmer steht der gesetzliche Jahresurlaub in Höhe von 20 Urlaubstagen pro Jahr zu.
- Darüber hinaus gewährt der Dienstherr dem Arbeitnehmer – je nach Erfahrung in seinem oder vergleichbaren Arbeitsbereichen – zusätzlichen Urlaub, der sich wie folgt staffelt: Ab 10 Jahre Berufserfahrung, 2 Tage. Ab 15 Jahre Berufserfahrung 4 Tage. Ab 20 Jahre Berufserfahrung, 6 Tage.
Diese Klausel, die aktuell noch in vielen Arbeitsverträgen zu finden ist, scheitert an einem einzigen Wort. Und das lautet: „Berufserfahrung“.
Denn: Die Höhe des Urlaubs davon abhängig zu machen, wie viel Berufserfahrung die Kollegin oder der Kollege hat, benachteiligt alle jüngeren Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Dienststelle. Das macht die Arbeitsvertragsklausel unwirksam (§ 307 BGB). Das heißt: Auch jüngeren Kolleginnen und Kollegen stehen die zusätzlichen Urlaubstage zu. Zulässig ist es aber, den Urlaub im Arbeitsvertrag nach der Betriebszugehörigkeit zu staffeln. Damit werden jüngere Kolleginnen und Kollegen nicht diskriminiert, weil auf diese Weise die Treue zum Dienstherrn belohnt wird.
Klausel Nr. 3: Überstunden
Urlaubsvertretungen. Krankheitsfälle in der Dienststelle – oder einfach nur Personalmangel. In den letzten Monaten haben viele Kolleginnen und Kollegen jede Menge Überstunden gemacht. Doch wenn es ums Bezahlen geht, weigern sich gerade viele Dienststellenleitungen, die zusätzliche Arbeitszeit zu vergüten und verweisen auf diese Arbeitsvertragsklausel:
§ … – Überstunden
- Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Dienstherrn Überstunden zu leisten.
- Etwaige Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.
Klarer Fall: Diese Klausel ist unwirksam, weil Ihre Kolleginnen und Kollegen nicht erkennen können, wie viele Überstunden so unentgeltlich geleistet werden müssen (§ 307 BGB). Tatsächlich kann zwar die Verpflichtung bestehen, Überstunden kostenlos zu leisten. Dazu muss die Zahl aber ausdrücklich im Arbeitsvertrag genannt sein. In der Regel dürfen nicht mehr als zehn Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sein.
Klausel Nr. 4: Widerrufsvorbehalt bei Leistungsprämien
Wer hart arbeitet, soll auch mehr verdienen. Das sehen auch die meisten Dienststellenleitungen so. Das Problem ist nur, dass jetzt, wo abgabenfreien Inflationsprämie in Höhe von 3.000 € gezahlt wird, viele Dienststellenleitungen solche Zulagen in Zukunft nicht mehr zahlen wollen – und von ihrem vertraglichen Widerrufsrecht Gebrauch machen. Das ist in vielen Arbeitsverträgen so festgehalten:
§ … – Leistungszulagen
- Der Arbeitnehmer erhält zusätzlich zu seinem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt eine monatliche Leistungszulage in Höhe von 150 €.
- Diese Zulage kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt widerrufen werden.
Diese Klausel ist ebenfalls unwirksam. Dem Dienstherrn steht kein uneingeschränktes Widerrufsrecht zu. Um wirksam zu sein, muss die Vereinbarung im Arbeitsvertrag festlegen, in welchen genau bezeichneten Fällen ein Widerruf der Prämie zulässig ist.
Stand (02.09.2024)