Zu Arbeitsunfällen kann es in vielfältiger Weise kommen: Der eine stürzt auf dem Weg zu Toilette. Eine andere rutscht auf der Treppe aus. Und wieder andere verletzten sich bei der täglichen Fahrt in den Betrieb oder zurück nach Hause. Vor allem bei diesen so genannten Wegeunfällen gibt’s oft Stress mit der Berufsgenossenschaft, die solche Unfälle oft nicht als Arbeitsunfall anerkennen will.
Immer den direkten Weg nehmen
Denn die Berufsgenossenschaften werten viele Unfälle nicht als Arbeitsunfall, obwohl auch auf dem Weg zur und von der Arbeit zurück eigentlich Versicherungsschutz besteht. Aber nur dann, wenn der direkte Weg genommen wird.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Weisen Sie Ihre Kollegen gerade jetzt zu Beginn der kalten Jahreszeit, in dem es vermehrt zu witterungsbedingten Verkehrsunfällen kommt, noch einmal darauf hin, dass Sie besser den kürzesten Weg zur Arbeit oder von dort zurück nach Hause nehmen. Denn nur dann gilt ein eventueller Unfall als Arbeitsunfall.
Darum ist der Versicherungsschutz so wichtig
Bei den so genannten Wegeunfällen stellen sich die Berufsgenossenschaften – das zeigen die Vielzahl der Urteile – regelmäßig quer: Einmal auf dem Weg zur Arbeit abgebogen oder ausgestiegen, um am Automaten Geld abzuheben oder Brötchen zu kaufen – und schon kann der Versicherungsschutz weg sein. Kommt es dann zu einer schwereren Verletzung, kann die existenzsichernde Unfallrente wegfallen.
Arbeitsunfall: Das Risiko steigt
Knapp 800.000 Arbeitsunfälle pro Jahr meldete die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) zuletzt. Allerdings hält sich die Zahl der Arbeits- und Wegeunfälle seit ein paar Jahren auf einem relativ konstanten Niveau.
Die meisten davon laufen übrigens glimpflich ab, wie sich aus dem letzten Bericht der DGUV entnehmen lässt. In der Regel sind Ihre Kolleginnen und Kollegen innerhalb von zwei Wochen wieder gesund und zurück an Ihrem Arbeitsplatz.
Arbeits- und Wegeunfall: Das steckt hinter den Begriffen
Arbeitsunfall | Wegeunfall |
Erleiden Sie oder eine Kollegin bzw. ein Kollege bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeiten innerhalb oder außerhalb der Arbeitsstätte einen Unfall, also zum Beispiel auch auf einer Dienstreise oder bei einer Schulung, ist das ein Arbeitsunfall. | Ein Wegeunfall liegt vor, wenn Sie als Betriebsrat oder eine Kollegin bzw. ein Kollege auf dem Weg zwischen der Wohnung und dem Ort seiner beruflichen Tätigkeit, die – wie etwa bei der Arbeit im Home-Office – nicht im Betrieb sein muss, einen Unfall haben. |
Das sind die 3 aufsehenerregendsten Urteile zu Arbeitsunfällen
Die neue Arbeitswelt stellt Sie als Betriebsrat vor immer neue Probleme. Auch bei Arbeitsunfällen, deren Vermeidung zu einer der wichtigsten Aufgaben für alle Betriebsräte zählt. Gerade die Digitalisierung und die Mobilität bei der Arbeit sorgt für neue Unsicherheiten. Hier sind die aufsehenerregenden Urteile:
Dienstreise: Telefonieren kann teuer werden
Der Fall: Nach einem Kongress rief eine Kollegin aus ihrem Hotelzimmer ein Taxi. Auf dem Weg zum Telefon stürzte die Frau und verletzte sich.
Das Urteil: Kein Arbeitsunfall. Das Pech der Kollegin: Sie hatte nach dem Kongress noch eine private Reise geplant und wollte mit Taxi zum Flughafen, um in den Kurzurlaub zu starten. Der Weg zum Telefon diente damit privaten und nicht mehr dienstlichen Zwecken (Landessozialgericht (LSG) Darmstadt, am 12.09.2019 veröffentlichtes Urteil vom 13.08.2019, L 3 U 198/17).
Hunde im Betrieb: Bloß nicht beißen lassen
Der Fall: Der Inhaber einer Autowerkstatt übersah aus dem Rückweg aus dem Lager seinen eigenen Hund und stürzte. Dabei geriet sein Arm in das Maul des Tieres. Der Hund biss aus Instinkt zu.
Das Urteil: Kein Arbeitsunfall, weil der Mann von seinem eigenen Hund verletzt wurde, den er aus privaten Gründen mit in den Betrieb gebracht hatte. Anders hätten die Richter wohl entschieden, wenn der Hund im Betrieb zum Beispiel als Wachhund eingesetzt worden wäre (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.03.2019, L 6 U 3979/18).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Arbeitgeber, Kollegen oder Sie als Betriebsrat: Bei einem Arbeitsunfall sind alle aufgerufen, zu handeln. Es geht schließlich darum, die Gesundheit des Kollegen so schnell wie möglich wiederherzustellen. Hier ist der 5-Punkte-Plan für jeden Arbeitsunfall:
Schnell-Check: Was bei einem Arbeitsunfall zu tun ist
Ja | Nein | |
Ist die Schadensursache beseitigt, also zum Beispiel die laufende Maschine abgeschaltet? | ||
Wurde dem verletzten Kollegen Erste-Hilfe geleistet, indem er etwa in die stabile Seitenlage gebracht oder eventuelle Wunden desinfiziert und verbunden worden sind? | ||
Bei schweren Verletzungen: Ist der Notarzt gerufen worden? | ||
Bei leichteren Verletzungen: Wurde der verletzte Kollege zum Durchgangsarzt geschickt? | ||
Wurden die Angehörigen des verletzten Kollegen über den Arbeitsunfall und den aktuellen Aufenthaltsort informiert? | ||
Sind die Ursache, der Ablauf des Arbeitsunfalls, die Verletzungen, der Name des verletzten Kollegen und die Namen des Ersthelfers und eventueller Zeugen schriftlich dokumentiert worden? | ||
Dauert die Arbeitsunfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls länger als 3 Tage: Ist der Arbeitsunfall der zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet worden? | ||
Hat der Arbeitgeber Ihnen als Betriebsrat eine Kopie der Meldung an die Berufsgenossenschaft ausgehändigt? | ||
Haben Sie als Betriebsrat überprüft, wie solche Arbeitsunfälle in Zukunft verhindert werden können? |
Erst, wenn alle diese Fragen mit „Ja“ beantwortet worden wurden, sind die wichtigsten Pflichten bei einem Arbeitsunfall erfüllt.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Schicken Sie Ihre Kollegen auch bei leichteren Arbeitsunfällen zur Sicherheit zum Durchgangsarzt. Verletzungen und deren Folgen lassen sich nur schwer einschätzen. Helfen Sie, dass Risiko von dauerhaftem Gesundheitsschäden zu vermeiden.
Stand (07.04.2025)