Die Kontrolle von Kolleginnen und Kollegen durch den Arbeitgeber ist ein heikles Thema. Vor allem, wenn die Leistung überwacht wird. In einem Amazon-Logistik-Lager in Niedersachsen passierte genau das – bis sich der Datenschutzbeauftragte des Landes einschaltete und die umstrittene Praxis untersagte. Doch das Verbot hatte überraschenderweise nicht lange Bestand.
Arbeitgeberin bringt diese drei Argumente vor
Der Fall: In bestimmten Arbeitsbereichen benutzen die in dem niedersächsischen Logistikzentrum beschäftigten Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit Handscanner. Durch den Einsatz der Geräte lassen sich bestimmte Arbeitsschritte erfassen, mit denen die Leistung der Arbeitnehmer minutengenau und ohne Unterbrechung kontrolliert werden konnte. Anschließend wurden mittels der erhobenen Daten Leistungsprofile für Feedbackgespräche erstellt – bis der Datenschutzbeauftragte des Landes dieser Praxis durch einen behördlichen Bescheid ein Ende setzte. Dagegen klagte die Arbeitgeberin. Mit diesen drei Argumenten:
Argument Nr. 1 | Anhand der aktuellen Leistungswerte der Kolleginnen und Kollegen sei erkennbar, wer an einem bestimmten Tag besonders schnell oder besonders langsam arbeitet. Hierauf könne dann personell reagiert werden. |
Argument Nr. 2 | Auf Dauer ließen sich durch diese Praxis außerdem die konstanten Stärken und Schwächen der Kolleginnen und Kollegen zuverlässig erfassen, was wiederum bei der Einsatzplanung berücksichtigt werden könne. |
Argument Nr. 3 | Schließlich erlaube diese Vorgehensweise die Schaffung objektiver und fairer Bewertungsgrundlagen für ein objektives und individuelles Feedback, das nicht durch subjektive Wahrnehmungen beeinflusst sei. Auf dieser Basis könnten spätere Personalentscheidungen getroffen werden. |
Das Urteil: Das zuständige Verwaltungsgericht hob das Verbot des Datenschutzbeauftragten wieder auf. Damit ist die Kontrolle der Kolleginnen und Kollegen durch die Arbeitgeberin legal. Die Begründung des Urteils ließ aber erkennen, wie schwer sich die Richter taten. Die Datenerhebung sei erforderlich und der Zweck der Datenauswertung liege allein in der Steuerung der logistischen Abläufe. Persönliche Eigenschaften würden nicht erfasst (VG Hannover, Urteil vom 09.02.2023, 10 A 6199/20).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, dass Sie als Betriebsrat von Ihrem Mitbestimmungsrecht Gebrauch machen, wenn Ihr Arbeitgeber mithilfe technischer Mittel die persönliche Leistung Ihrer Kolleginnen und Kollegen erfassen, überwachten und in Leistungsprofilen festhalten will (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Lassen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber ausführlich unterrichten, fordern Sie Informationsmaterial an, ziehen Sie einen Sachverständigen hinzu und rufen Sie notfalls die betriebliche Einigungsstelle an.
Wichtiger Hinweis: Es handelt sich nicht um ein arbeitsgerichtliches Urteil! Das Verwaltungsgericht kann nur über die Anweisung des Datenschutzbeauftragten entschieden haben, aber nicht über die arbeitsrechtliche Tragweite. Vor einem Arbeitsgericht könnte diese Sache in einer Einzelfallentscheidung anders aussehen.
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