Flutkatastrophe: Das durfte Ihr Arbeitgeber ohne Sie als Betriebsrat tun
Und plötzlich kam das Wasser. Starke Regenfälle und dadurch überlaufende Flüsse und Talsperren haben Mitte Juli viele Straßen, Häuser und Betriebe unter Wasser gesetzt. Sofort begannen Schutz- und Aufräumarbeiten. Viele Arbeitgeber ordneten dazu Überstunden an. Wie viele durften das sein und ging das ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat?
Bis zu 10 Stunden sind erlaubt
Ihr Arbeitgeber durfte – die richtige Klausel im Arbeitsvertrag vorausgesetzt – bis zu zehn kostenlose Überstunden von Ihren Kolleginnen und Kollegen verlangen. Im Notfall geht das sogar ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat.
Tief „Bernd“: Wozu Ihr Arbeitgeber berechtigt ist
Die Experten sind sich sicher: Der Klimawandel macht sich bemerkbar, nicht nur durch zunehmende Winterstürme in Deutschland, sondern auch durch starke Regenfälle, wie Sie Mitte Juli das Tief „Bernd“ mit sich brachte und weite Teile des Landes überflutete.
Viele Betriebe brauchen deshalb gerade jeden Mitarbeiter, um die hinterlassenen Schäden zu beseitigen. Und setzen dabei auf Überstunden. Das geht zum Teil sogar ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat.
Wenn die Zeit nicht mehr reicht
Sturmtief, Hochwasser, Stromausfall. In Ihrem Betrieb kann es jederzeit zu einer Situation kommen, in der der Arbeitgeber nicht erst lange diskutieren kann. Der Grund: Die Zeit drängt. So sehr, dass die Geschäftsführung Sie als Betriebsrat nicht mehr rechtzeitig beteiligen kann. Deshalb darf Ihr Arbeitgeber in
- eiligen personellen oder
- dringenden sozialen Angelegenheiten auch ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat
handeln.
Plötzliches Hochwasser: Wenn der Arbeitgeber schnell handeln muss
Beispiel: Ihr Betrieb am Kölner Rheinufer ist von Hochwasser bedroht. Jetzt heißt es: Tische und Stühle hochstellen, Lebensmittel in Sicherheit bringen und Sandsäcke vor der Tür aufstapeln. Weil das Hochwasser plötzlich und unerwartet kommt und Sie als Betriebsrat schon nicht mehr im Hause sind, ordnet Ihr Arbeitgeber Überstunden für Ihre Kolleginnen und Kollegen ohne Ihre Zustimmung an.
Folge: Kein Problem! Bei Unwetter wie drohendem Hochwasser oder starkem Sturm kann Ihr Arbeitgeber von Ihren Kolleginnen und Kollegen ausnahmsweise Überstunden verlangen, ohne vorher Sie als Betriebsrat fragen zu müssen.
In Eil- und Notfällen auf „Nummer sicher“ gehen
Leider ist das Vorgehen von Arbeitgebern in Eil- und Notfällen nur an wenigen Stellen ausdrücklich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Daher ist sehr vorsichtiges Handeln angesagt, wenn Ihr Arbeitgeber ohne Sie als Betriebsrat Maßnahmen ergreifen will.
Wichtiger Hinweis: Andernfalls droht Ihrem Arbeitgeber ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG wegen eines groben Verstoßes gegen die gesetzlichen Pflichten aus dem BetrVG. Auf diese Weise können Sie sich als Betriebsrat nämlich wehren, wenn Ihr Arbeitgeber Ihre Mitbestimmungsrecht als Betriebsrat nicht beachtet.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Schließen Sie als Betriebsrat zur Vermeidung solcher Verfahren eine Betriebsvereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber, in der die Regeln festgelegt sind, nach Überstunden angeordnet werden können – mit und ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat.
Das darf Ihr Arbeitgeber tun, wenn es keine Überstundenregelung gibt
Aber auch ohne eine solche Betriebsvereinbarung darf Ihr Arbeitgeber in Notfallsituationen sofort reagieren, um weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Ein formales Anhörungs- und Zustimmungsverfahren behindert Ihren Arbeitgeber hier nur und macht den Schaden für den Betrieb im Zweifel eventuell noch größer. In solchen Fällen kann Ihr Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen wie z. B. die Anordnung von Überstunden sofort umsetzen.
Wichtiger Hinweis: Ihre Zustimmung als Betriebsrats muss er dann aber unverzüglich nachträglich einholen!
Notfall ja oder nein: Wie Sie die Entscheidung des Arbeitgebers überprüfen
Kein Betriebsrat wird gern einfach übergangen. Auch Sie nicht! Deshalb sollten Sie als Betriebsrat genau prüfen, ob ein Eil- oder Notfall bestanden hat, bei dem Ihr Arbeitgeber ohne Ihre Zustimmung handeln durfte.
Das ist ein Notfall
Ein Notfall ist eine
- plötzliche,
- nicht vorhersehbare und
- schwerwiegende Situation,
zu deren Verhinderung bzw. Behebung unaufschiebbare Maßnahmen erforderlich sind.
Meistens im Spiel: Höhere Gewalt
Notfälle sind vor allem Fälle höherer Gewalt, also Fälle, die unabhängig vom Wollen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise als mit Überstunden zu beseitigen sind.
Schnell-Check: So prüfen Sie, ob Ihr Arbeitgeber rechtmäßig gehandelt hat
Ist Ihr Betrieb von einem dieser Ereignisse bedroht oder müssen schnell die Folgen eines solchen Ereignisses beseitigt werden? | Ja | Nein |
§ Feuer | ||
§ Explosion | ||
§ Wassereinbrüche | ||
§ Stromausfall | ||
§ Maschinenausfall | ||
§ Einsturzgefahr | ||
§ Frost, sofern dieser plötzlich und unerwartet aufgetritt | ||
§ Überschwemmung | ||
§ Unwetter | ||
§ Erdbeben |
Haben Sie Betriebsrat auch nur einmal “Ja” angekreuzt, hatte Ihr Arbeitgeber ausnahmsweise das Recht, vorläufige Maßnahmen – wie zum Beispiel die Anordnung von Überstunden – zu ergreifen, um akute Gefahren oder Schäden von Ihrem Betrieb abzuwenden.
Das heißt: Ihr Arbeitgeber darf in einer solchen Situation einseitig, also ohne Ihre Zustimmung als Betriebsrat, Maßnahmen anordnen – auch wenn diese zu Überstunden führen
Näheres zum Thema Überstunden und Vergütung finden Sie hier.
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