Einfach mal abschalten. Nach Feierabend lassen immer weniger mehr Kolleginnen und Kollegen ihre Handys an, um notfalls auch in der Freizeit für den Chef erreichbar zu sein. Ein Rettungssanitäter aus dem hohen Norden wollte da nicht mitspielen.
Auf allen Wegen versucht: Telefon, Mail, SMS
Der Fall: 48 Stunden betrug die wöchentliche Arbeitszeit des Ersthelfers. Außerdem hatte er nach einer Betriebsvereinbarung die Pflicht, auch als Springer – zum Beispiel im Krankheitsfall eines Kollegen – auszuhelfen. Über einen solchen Einsatz musste der Arbeitgeber ihn allerdings bis spätestens 20.00 Uhr am Vortag informieren. Den aktuellen Dienstplan konnte der Rettungssanitäter jederzeit im Internet einsehen. Als frühmorgens plötzlich zweimal ein Kollege ausfiel, änderte der Chef kurzerhand den Dienstplan und versuchte den Sanitäter per Telefon, SMS – und im zweiten Fall auch per E-Mail zu erreichen. Ohne Erfolg. Beide Male meldete sich der Kollege erst um 7.30 Uhr und zeigte sich bereit, den Dienst zu übernehmen. Zu spät. Der Chef hatte einen anderen Kollegen aus der Rufbereitschaft herangezogen, wertete den Tag als unentschuldigtes Fehlen und erteilte dem Sanitäter zuerst eine Ermahnung und beim zweiten Mal eine Abmahnung. Der Kollege wehrte sich, weil er sein Handy in beiden Fällen lautlos geschaltet habe, um sich um seine Kinder kümmern zu können.
Das Urteil: Der Chef muss die Abmahnung aus der Personalakte entfernen. Zum Einsatz von Springern sind Dienstplanänderungen zwar vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Allerdings müssen Ihre Kolleginnen und Kollegen von der Änderung auch erfahren. Es besteht aber keine Pflicht, in der Freizeit den Dienstplan zu checken, ans Handy zu gehen oder Nachrichten zu lesen, weil Ihre Kolleginnen und Kollegen nach Feierabend bis Arbeitsbeginn ein „Recht auf Unerreichbarkeit haben (LAG Schleswig-Holstein, am 12.01.2023 veröffentlichtes Urteil vom 27.09.2022, 1 Sa 39 öD/22).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Schließen Sie als Betriebsrat mit Ihrem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zum Einsatz von Springern, sollten Sie dafür sorgen, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen in ihrer Freizeit laut dem LAG-Urteil nicht erreichbar sein müssen.
Näheres zum Thema Rufbereitschaft finden Sie hier.
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