Kundenbriefe verfassen. Vorschläge entwerfen. Rechtliche Lagen einschätzen. Das sind Dinge, für die viele Kolleginnen und Kollegen bereits heute in Ihrer Dienststelle KI-Systeme, wie zum Beispiel ChatGPT nutzen. Wie viel Sie als Personalrat dabei mitbestimmen dürfen, hat kürzlich ein Gericht entschieden.
Einstweilige Verfügung gegen die Nutzung von ChatGPT
Der Fall: Mehrere Kolleginnen und Kollegen in einem Unternehmen der freien Wirtschaft nutzten bereits regelmäßig ChatGPT und andere generative KI-Systeme im Rahmen Ihrer Tätigkeit. Als der Betriebsrat des Unternehmens davon erfuhr, forderte er von seinem Arbeitgeber, den bei ihm beschäftigten Kolleginnen und Kollegen den Einsatz dieser KI-Systeme im beruflichen Alltag zu verbieten.
Der Betriebsrat berief sich dazu auf sein Mitbestimmungsrecht beim Einsatz technischer Einrichtungen. Als der Arbeitgeber der Aufforderung des Betriebsrats nicht nachkam, beantragte dieser beim zuständigen Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung, mit der die Richter der Geschäftsführung des Unternehmens die Nutzung der KI-Systeme bei der Arbeit untersagen sollten.
Das Urteil: Doch das Gericht folgte dem Antrag des Betriebsrats nicht. Die Richter stellten vielmehr fest, dass der Betriebsrat in diesem Fall kein Mitbestimmungsrecht zusteht. Und zwar gleich aus drei Gründen:
3 Gründe: Deshalb dürfen Sie nicht mitbestimmen
Grund Nr. 1: ChatGPT und vergleichbare KI-Systeme seien ein mitbestimmungsfreies Arbeitsmittel, dass nicht das Ordnungsverhalten der in dem Betrieb beschäftigten Kolleginnen und Kollegen betrifft.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Das betrifft auch Sie als Personalrat. Denn private und öffentliche Arbeitgeber können aufgrund Ihres Weisungsrechts – ohne Überprüfung durch den Personal- oder Betriebsrat – festlegen, auf welche Art und Weise die beschäftigten Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben.
Grund Nr. 2: Das Mitbestimmungsrecht beim Einsatz von technischen Einrichtungen greift nach Ansicht der zuständigen Richter ebenfalls nicht, wenn – wie in diesem Fall –der Arbeitgeber oder der Dienstherr keinen Zugriff darauf hat,
- wann,
- wie lange und
- mit welchen Inhalten
die beschäftigten Kolleginnen und Kollegen das KI-System nutzen.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Zu beachten ist allerdings, dass in diesem Fall die in dem Betrieb beschäftigten Kolleginnen und Kollegen ihre eigenen, privaten Accounts für ihre berufliche Tätigkeit nutzten. Anders würden zuständige Richter wahrscheinlich entscheiden, wenn Ihre Dienststellenleitung selbst die Accounts anlegt und diese Ihren Kolleginnen und Kollegen zur Erledigung der Arbeit zur Verfügung stellt. In diesem Fall hat Ihre Dienststellenleitung nämlich Zugriff auf das Nutzungsverhalten der KI-Systeme in Ihrer Dienststelle.
Grund Nr. 3: Schließlich griff auch das dritte Mitbestimmungsrecht, nachdem Sie als Personalrat bei Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und über den Gesundheitsschutz nicht. Hierfür konnten die Richter in der Hansestadt keinerlei Anhaltspunkte erkennen.
Im Ergebnis lehnten die zuständigen Richter den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Arbeitgeber die Nutzung von ChatGPT und ähnlichen KI-Systemen verboten werden sollte, rundweg ab (Arbeitsgericht Hamburg, 16.01.2024, 42 BVGa 1/24).
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Treffen Sie mit Ihrer Dienststellenleitung so schnell wie möglich eine Dienstvereinbarung zur Nutzung von ChatGPT und ähnliche KI-Systeme durch Ihre Kolleginnen und Kollegen, um sicherzustellen, dass bei einer Fehlanwendung keine beruflichen Konsequenzen zu fürchten sind.
Bald öffnet sich diese Hintertür für Sie als Personalrat
Ab dem 02.08.2026 gibt’s aber eine Hintertür für Sie als Personalrat beim Einsatz von ChatGPT: Ab dann gilt nämlich eine Kennzeichnungspflicht für alle KI-generierten Inhalte. Der Zweck: Kunden und Verbraucher müssen klar erkennen können, wenn Inhalte durch KI erstellt oder manipuliert wurden. In diesem Fall gewinnen Sie als Personalrat Einfluss, weil es zu Ihren Aufgaben gehört, dass geltendes Recht in Ihrer Dienststelle eingehalten wird.
Stand (17.02.25)