Jetzt wird’s langsam ernst: In vielen Betrieben laufen schon die Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). Noch bis zum 30.11.2024 kann gewählt werden – auch in Ihrem Betrieb. Für viele ein wichtiger Faktor: Während der Amtszeit stehen JAV-Vertreter unter besonderem Kündigungsschutz – und am Ende der Ausbildung ist nicht zwangsläufig Schluss.
Spätestens 3 Monate vorher
Wenn Ihr Arbeitgeber einen Jugend- und Auszubildendenvertreter nicht nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit übernehmen wollen, muss ihr bzw. ihm dies unbedingt
- schriftlich und
- spätestens 3 Monate vor dem Ausbildungsende
mitgeteilt werden mitteilen (§ 78a Absatz 1 BetrVG).
Wichtiger Hinweis: Das gilt sogar dann, wenn Ihr JAV-Mitglied seine Ausbildung nicht zum geplanten Ausbildungstermin, sondern schon früher erfolgreich abschließt.
Frühere Prüfung, frühere Nachricht
Beispiel: Ihr Azubi wird seine Prüfung vor Ablauf der Ausbildungszeit ablegen. Ihr Arbeitgeber möchte die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Ausbildung unbedingt verhindern.
Folge: Ist wegen der vorzeitigen Ablegung der Prüfung ein früheres Ende vorauszusehen, muss die Mitteilung drei Monate vor diesem Zeitpunkt erfolgen. Wenn Ihr Arbeitgeber keine Mitteilung macht, hat Ihr Azubi einen Anspruch auf Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Das passiert, wenn Ihr Chef es erst später erfährt
Für den Fall, dass Ihr Arbeitgeber erst spät von der vorzeitigen Prüfung und damit verbundenen Beendigung der Ausbildung erfahren und die 3-Monats-Frist für die Nicht-Übernahme-Nachricht bereits abgelaufen ist, gilt: Ihr Arbeitgeber muss Ihrem JAV-Mitglied mitteilen, dass er ihn oder sie nicht übernehmen will, sobald er von der vorzeitigen Prüfung Kenntnis haben.
Ohne Wenn und Aber: Immer schriftlich
Die Mitteilung muss schriftlich erfolgen, das heißt, dass das Schreiben des Arbeitgebers zwingend eigenhändig von der Geschäftsführung oder der im Betrieb hierzu berechtigten Person unterschrieben sein muss (§ 126 Absatz 1 BGB).
Darum ist die Übernahme kein Automatismus
Unterlässt Ihr Arbeitgeber diese Mitteilung, führt dies aber nicht automatisch zur Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, da der Auszubildende noch zusätzlich in jedem Fall seine Weiterbeschäftigung verlangen muss (§ 78a Absatz 5 BetrVG).
Ohne Nachricht droht Schadensersatz
Ihr Arbeitgeber riskiert aber Schadenersatzansprüche, wenn Ihr Auszubildender
- infolge der unterlassenen oder verspäteten Mitteilung und
- in Erwartung seiner Weiterbeschäftigung
das Angebot eines anderen Arbeitsverhältnisses bei anderem Arbeitgeber ablehnt (BAG, Urteil vom 31.10.1985, Aktenzeichen: 6 AZR 557/84).
So wird aus dem Ausbildungs- ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
Hat es Ihr Arbeitgeber versäumt, einem JAV-Mitglied mitzuteilen, dass er ihn nicht übernehmen wird, beschäftigt ihn dann nach Ablauf des Ausbildungsverhältnisses aber doch weiter, hat dies erhebliche Folgen:
Das führt nämlich dazu, dass zwischen mit dem JAV-Mitglied ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet gilt, auch wenn nichts ausdrücklich vereinbart wird (§ 78a Absatz 2 BetrVG).
Das geschieht aber nicht einfach so. JAV-Vertreter müssen grundsätzlich auch noch selber etwas tun, um nach der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hineinzurutschen.
Was JAV-Vertreter tun müssen, verrät der folgende Schnell-Check:
Schnell-Check: Das müssen JAV-Vertreter selbst noch tun
| Ja | Nein | |
| Hat ein Azubi, der als JAV-Vertreter einen Anspruch auf Übernahme hat … | ||
| · innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses | ||
| · schriftlich | ||
| · die eigene Weiterbeschäftigung ausdrücklich verlangt? |
Haben Sie bei allen drei Punkt gerade mit „Ja“ geantwortet, hat Ihr Azubis alles richtig gemacht und kann als JAV-Vertreter auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis hoffen, wenn der Arbeitgeber nicht seinerseits widerspricht.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Darauf sollten Sie JAV-Vertreter vor dem Ende der Ausbildung unbedingt hinweisen, denn sonst können die eigenen Mitwirkungspflichten verletzt und der Traum von der unbefristeten Stelle in Ihrem Betrieb doch noch platzen.
Bis zum letzten Tag
Der Vorteil Ihres JAV-Vertreters: Ihr Azubi muss die Weiterbeschäftigung nur innerhalb der letzten drei Monate seines Ausbildungsverhältnisses verlangen. Ihr Arbeitgeber hingegen muss seine Erklärung, dass er nicht übernimmt, spätestens drei Monate vor dem Ausbildungsende gegenüber dem Azubi abgeben. Das kann zu einem überraschenden Ergebnis führen:
Beispiel: Ein Azubi, der in Ihrem Betrieb in der Jugend- und Auszubildendenvertretung sitzt, verlangt vom Arbeitgeber erst drei Tage vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses die Weiterbeschäftigung.
Folge: Da der Auszubildende die Weiterbeschäftigung innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt hat, muss er übernommen werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er dem Arbeitgeber diese Botschaft so kurzfristig übermittelt.
Wichtiger Hinweis: Beachten Sie, dass es immer, wenn das Weiterbeschäftigungsverlangen dem Arbeitgeber fristgerecht innerhalb von drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses zugeht, zwischen dem Arbeitgeber und dem Auszubildenden im Anschluss an die Ausbildung automatisch zu einem normalen Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit kommt (§ 78a Absatz 2 BetrVG).
Der frühe Vogel, fängt den Wurm: Das gilt hier nicht
Verlangt Ihr Azubi, der gleichzeitig Mitglied in der Jugend- und Auszubildendenvertretung ist, früher als drei Monate vor Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses seinen Wunsch, weiterbeschäftigt zu werden, hat das keine Folgen. Ein solches Verlangen ist nicht wirksam und führt nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nach Abschluss der Ausbildung (§ 78a Absatz 2 BetrVG).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Weisen Sie Ihre Azubis, die in der JAV sitzen, auch darauf unbedingt hin. Sonst wird’s nichts mit einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.
Wichtiger Hinweis: Ob der bzw. die Auszubildende die Abschlussprüfung bestanden hat oder nicht, ist für das Weiterbeschäftigungsverlangen irrelevant. Das Gesetz stellt nur auf die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ab.
Das passiert, wenn nur der Azubi will
Möchte Ihr Arbeitgeber die Übernahme noch verhindern, obwohl Ihr Azubi als JAV-Mitglied seinen Wunsch nach einer Weiterbeschäftigung bereits geäußert hat, ist das unbefristete Arbeitsverhältnis noch nicht in trockenen Tüchern. Es gibt nämlich noch einen Notausgang. Ob Ihr Arbeitgeber den nutzen kann, finden Sie mit diesem Schnell-Check sofort heraus:
Schnell-Check: So kann Ihr Chef den Kopf noch aus der Schlinge ziehen
| Ja | Nein | |
| Es gibt in Ihrem Betrieb keinen freien Arbeitsplatz, auf dem der Jugend- und Auszubildendenvertreter nach Abschluss seiner Ausbildung weiterbeschäftigt werden kann (§ 78a Absatz 4 BetrVG). | ||
| Die Weiterbeschäftigung des JAV-Mitglieds im Anschluss an die Ausbildung ist dem Arbeitgeber unzumutbar. |
Können Sie als Betriebsrat auch nur eine dieser beiden Fragen mit „Ja“ beantworten, darf der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des JAV-Vertreters nach Ausbildungsabschluss ablehnen.
Weiterbeschäftigung verhindern: Das muss der Arbeitgeber tun
Verlangt ein Auszubildender in Ihrem Betrieb wirksam seine Weiterbeschäftigung als JAV-Vertreter, kann Ihr Arbeitgeber spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses beim zuständigen Arbeitsgericht eine Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht beantragen.
Das geht, wenn entweder
- kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist oder
- die Weiterbeschäftigung des JAV-Vertreters nach der Ausbildung unzumutbar ist.
Wann die Übernahme unzumutbar ist
Neben einem fehlenden freien Arbeitsplatz ist auch fehlende Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ein guter Grund, die Übernahme abzulehnen – und zwar mit dem Segen des Arbeitsgerichts.
Die Frage der Unzumutbarkeit orientiert sich dabei an der Definition des wichtigen Grundes bei der außerordentlichen Kündigung (§ 626 Absatz 1 BGB).
Keine Übernahme: Das sind gute Gründe
Für eine Ablehnung der Übernahme wegen Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eignen sich also
- verhaltensbedingte Gründe (zum Beispiel mangelhafte Leistung, Arbeitsverweigerung) und
- betriebliche Gründe (wie etwa Umstrukturierungsmaßnahmen, z. B. die Schließung einer Abteilung).
Auf diesen Zeitpunkt kommt es an
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzumutbarkeit sind die Verhältnisse, die drei Monate vor dem vereinbarten Ende des Ausbildungsverhältnisses in Ihrem Betrieb existiert haben.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Beschäftigen Sie sich als Betriebsrat also sicherheitshalber rechtzeitig mit der Übernahme Ihrer JAV-Mitglieder und dokumentieren Sie die betrieblichen Ablehnungsgründe zum maßgeblichen Zeitpunkt.
Kein Arbeitsplatz: So sehen das die Gerichte
Neben der Unzumutbarkeit, einen JAV-Vertreter nach Abschluss der Ausbildung nicht übernehmen zu müssen, zählt auch ein fehlender Arbeitsplatz als Ablehnungsgrund für eine Weiterbeschäftigung.
Das heißt: Gibt es in Ihrem Betrieb einen geeigneten und freien Arbeitsplatz für den Azubi, der in der JAV sitzt, kommt Ihr Arbeitgeber um die Weiterbeschäftigung – sofern vom JAV-Vertreter verlangt – nicht herum. Aber:
Für die Übernahme eines JAV-Vertreters braucht Ihr als Arbeitgeber keinen neuen Arbeitsplatz zu schaffen. Er muss auch keinen anderen Arbeitnehmer für einen Azubi aus der JAV kündigen (BAG), Urteil vom 5.4.2000, 7 ABR 6/99). Er ist auch nicht verpflichtet, einen freien Arbeitsplatz in einem anderen als dem Ausbildungsbetrieb anzubieten.
Ausnahme: Leiharbeitnehmer
Etwas anderes gilt allerdings für Arbeitsplätze, die mit Zeitarbeitnehmern besetzt sind. Hier gilt: Ein Leiharbeitnehmer muss gehen – und der Azubi als neuer Mitarbeiter kommt, wenn es sich um einen Arbeitsplatz handelt, der bislang dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzt wurde (BAG, Urteil vom 17.2.2010, 7 ABR 89/08).
So ist die Lage bei Ersatzmitgliedern
Ein Ersatzmitglied der JAV kann nur dann eine Weiterbeschäftigung nach der Ausbildung verlangen, wenn er noch als solches aktiv ist. Die Rechtsprechung hierzu ist eindeutig:
Der Fall: Ein Ersatzmitglied der JAV, das vorübergehend zum Vollmitglied aufrückte, wollte nach der Ausbildung vom Arbeitgeber übernommen werden. Ohne auch nur an einer einzigen Sitzung teilgenommen zu haben.
Das Urteil: Keine Chance auf eine Weiterbeschäftigung nach Abschluss der Ausbildung! Weil das JAV-Mitglied zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schon wieder den Status eines Ersatzmitgliedes innehatte, wurde nichts aus der Übernahme (Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, Urteil vom 04.04.2014, 13 Sa 40/14). Wichtig ist aber auch der umgekehrte Fall: Wenn ein Ersatzmitglied nur einmal offiziell an einer Sitzung teilgenommen hat, ist auch es geschützt.
Stand (07.10.2024)

