Das Schlimmste, was Ihnen als Betriebsratsvorsitzenden auf einer Betriebsversammlung passieren kann: Schnappatmung! Die ist das beste Zeichen dafür, dass Sie überhaupt nicht souverän, sondern einfach nur schrecklich nervös sind. Keine Sorge: Das passiert sogar Vorstandsvorsitzenden von großen Konzernen. Ab sofort aber nicht mehr Ihnen als Betriebsratsvorsitzenden. Hier sind die 7 goldenen Regeln, mit denen die nächste Betriebsversammlung zu Ihrem ganz persönlicher Erfolg wird.
Regel Nr. 1: Sie sind nicht der Kumpel Ihres Arbeitgebers
Sachliche Distanz zum Arbeitgeber ist in der Betriebsöffentlichkeit ein absolutes Muss.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Vermeiden Sie in jedem Fall den Anschein der Kumpanei mit dem Arbeitgeber. Was zählt, ist gegenseitige Wertschätzung – aber auf keinen Fall mehr.
Diesen ersten Eindruck werden Sie nie mehr los
Beispiel: Als Betriebsratsvorsitzender nutzen Sie die Gelegenheit auf der nächsten Betriebsversammlung, um sich beim Arbeitgeber für die gute Zusammenarbeit zu bedanken, als es um die Schließung von Filialen ging.
Folge: Ein böser Patzer, denn es ging um den Wegfall von Arbeitsplätzen und damit verbundene betriebsbedingte Kündigungen.
So schnell gibt’s zwei Verlierer
Kommt das Gefühl auf, dass Sie als Betriebsrat mit Ihrem Arbeitgeber „gemeinsame Sache“ machen, ist der Schaden groß. Nicht nur das Image des Arbeitgebers nimmt Schaden, sondern auch Ihre Akzeptanz als Betriebsrat.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Verfallen Sie also nicht der Versuchung, zu stark auf die Gemeinsamkeit und die Einigkeit mit dem Arbeitgeber zu setzen. Ein Lob des Arbeitgebers sollte deshalb nur wohldosiert erfolgen. Denn es besteht die Gefahr, dass Ihnen und dem Arbeitgeber anschließend „Gemauschel“ und fehlende Distanz vorgeworfen werden.
Regel Nr. 2: Sprechen Sie die Sprache Ihrer Kolleginnen und Kollegen
Das sollten Sie sich als Betriebsratsvorsitzender vor jeder Betriebsversammlung noch einmal ausdrücklich vornehmen: kein Fachchinesisch oder zu viele Fremdwörter in Ihrer Rede!
Gewusst, wie: Verwenden Sie viele Verben
Was zählt, ist die Sprache Ihrer Kolleginnen und Kollegen. Nutzen Sie Verben, denn sie bringen Dynamik und Lebendigkeit in Ihre Sprache. Allzu viele Substantive wirken schwerfällig und statisch. Illustrieren Sie Ihre Aussagen mit Beispielen. So schaffen Sie Nähe und Ihre Zuhörer schalten nicht ab.
Die beste Information nutzt nichts, wenn sie nicht verstanden wird. Ihre Sprache muss sich deshalb an der Zielgruppe ausrichten.
8 Rezepte: So erreichen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen
Rezept Nr. 1 | einfache und kurze Sätze |
Rezept Nr. 2 | verständliche Wortwahl |
Rezept Nr. 3 | klare und systematische Gliederung (= roter Faden) |
Rezept Nr. 4 | Beispiele aus dem betrieblichen Alltag |
Rezept Nr. 5 | Fakten und Zahlen |
Rezept Nr. 6 | bildhafte Darstellung |
Rezept Nr. 7 | selbstsicheres und freundliches Auftreten |
Rezept Nr. 8 | kurze, aber prägnante Redezeit |
Regel Nr. 3: Der Arbeitgeber darf nicht zum Feindbild werden
Denken Sie daran: Ihr Arbeitgeber ist Ihr betrieblicher Partner. Dieses Bild sollten Sie auch in der Öffentlichkeit pflegen und immer wieder betonen. Wer sich vor die Kolleginnen und Kollegen stellt und den Arbeitgeber zu seinem persönlichen Feindbild macht, zeigt nicht nur Schwäche. Er hat auch von vornherein verloren.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Egal, was Ihnen vorgeworfen wird: Zeigen Sie, dass Sie über den Dingen stehen und mit
- Schlagfertigkeit,
- Souveränität,
- Witz und
- Humor
reagieren.
Regel Nr. 4: Das absolute No-Go auf jeder Betriebsversammlung
Manche Kolleginnen und Kollegen lieben das: Sie neigen dazu, mit einer Wortmeldung eine personelle Einzelmaßnahme lang und ausführlich anzusprechen und fordern, dass Sie als Betriebsratsvorsitzender und der Arbeitgeber dazu Stellung nehmen.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Personelle Einzelmaßnahmen haben auf einer Betriebsversammlung nichts zu suchen. Hier sollten Sie schnell und konsequent reagieren. Machen Sie klar, dass Sie diese Dinge gern in kleiner Runde klären und entscheiden wollen.
Auf Fachausschüsse verweisen
Denn nur dort gehören solche Fachthemen hin. Schließlich sind die Fachausschüsse eigens dazu ins Leben gerufen worden. Machen Sie lautstarken Kolleginnen und Kollegen also klar, dass personellen Einzelmaßnahmen ausschließlich zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber direkt geklärt werden, wobei Sie als Betriebsrat stets die Interessen der betroffenen Kollegin oder des betroffenen Kollegen im Blick haben und diese nachdrücklich gegenüber dem Arbeitgeber vertreten.
Regel Nr. 5: Nie streiten, wer Recht hat
Betriebsversammlungen sind wie eine Arena im alten Rom. Wenn Sie sich in den Ring begeben, sollten Sie als Betriebsratsvorsitzender darauf vorbereitet sein, dass Sie manchmal auch persönlich angegriffen werden.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Darauf sollten Sie sich einstellen und entsprechende Angriffe souverän abwehren.
2 Tipps: So reagieren Sie auf persönliche Angriffe
Tipp Nr. 1 | Vermeiden Sie dünnhäutige Reaktionen auf der Betriebsversammlung. |
Tipp Nr. 2 | Ebenso wenig sollten Sie rechthaberisch auftreten. |
Darum sollten Sie Ihren Arbeitgeber niemals vorführen
Selbst wenn der Arbeitgeber in seiner Darstellung Fehler macht, sollten Sie diese zwar korrigieren, aber niemals rechthaberisch den Finger heben.
Wichtiger Hinweis: Denken Sie daran, dass auch der Arbeitgeber – und speziell, wenn es sich um einen neuen Geschäftsführer oder Vorstandsvorsitzenden handelt – immer sein Gesicht wahren muss. Deshalb sollten Sie ihn nie in der Öffentlichkeit „vorführen“ oder Fehler, die er in Ihren Augen als Betriebsrat gemacht hat, vor der versammelten Belegschaft ausschlachten.
Regel Nr. 6: Sprechen Sie auch Unbequemes aus
Darauf können Sie sich bei der nächsten Betriebsversammlung zu 100 % verlassen: Nichts langweilt und ärgert Ihre Zuhörer und damit Ihre Kolleginnen und Kollegen mehr, als wenn Sie als Betriebsratsvorsitzender mit vielen Worten um den „heißen Brei“ herumreden.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt! Kommen Sie lieber gleich zum Punkt und sprechen Sie – auch unbequeme – Wahrheiten aus. Selbst wenn sie schmerzhaft ist, werden Ihre Kolleginnen und Kollegen die Wahrheit immer besser vertragen, als salbungsvolle Worte.
Wichtiger Hinweis: Bedenken Sie auch, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen eine Erwartungshaltung an Sie und Ihren Beitrag auf der Betriebsversammlung haben. Sie wollen, dass Sie als Betriebsrat die Entscheidungen und Notwendigkeiten ansprechen.
Notwendige Maßnahmen: Nur der Mutige gewinnt
Nutzen Sie die Gelegenheit der Betriebsversammlung, um Ihre Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen, dass die Maßnahmen notwendig sind und nicht zur Diskussion stehen. Zeigen Sie auf Betriebsversammlungen den Mut zu unpopulären Äußerungen. Denn demjenigen, der den Mut hat, auch unpopuläre Dinge mit Engagement vorzutragen, glaubt man auch, wenn er davon spricht, dass „keine Veränderungen vorgenommen werden“ und „Arbeitsplätze geschützt werden“.
Regel Nr. 7: Das Unternehmen steht immer an 1. Stelle
Bei der Darstellung Ihrer Betriebsratsarbeit ist kein Platz zur Selbstverwirklichung oder um den Arbeitgeber zu bekämpfen. Erinnern Sie ihn auf den Betriebsversammlungen daran, was ihre Aufgaben sind.
Erinnern Sie an Ihre gesetzlichen Pflichten
Als Betriebsrat ist es Ihre gesetzliche Pflicht, zum Wohle des Unternehmens zu arbeiten. Ihre Kolleginnen und Kollegen müssen das wissen. Es geht nicht darum, Besitzstände zu sichern, die Möglichkeiten des Unternehmens nach der Corona-Krise und mitten in der Energiekrise zu überschätzen und unerfüllbares zu fordern.
Die beste Rede beginnt 5 Tage vorher
Und dann ist da natürlich Ihre Rede als Betriebsratsvorsitzender. Für viele stellt das die größte Herausforderung dar, weil Sie – erst Recht, wenn Sie neu ins Amt gewählt worden sind – im Gegensatz zum Arbeitgeber wenig Redeerfahrung haben.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Idealerweise sollten Sie spätestens 5 Tage vor der Betriebsversammlung mit den Vorarbeiten beginnen.
Schnell-Check: So bereiten Sie Ihre Rede optimal vor
Prüfpunkte | Ja | Nein |
Ist erkennbar, dass Sie sich als Betriebsratsvorsitzender gut auf Ihre Rede bei der Betriebsversammlung vorbereitet haben? | ||
Ist Ihre Rede sachlich gefasst und gut strukturiert? | ||
Betonen Sie alle betrieblichen Notwendigkeiten, um Ihre Kolleginnen und Kollegen zu überzeugen? | ||
Zeigen Sie in Ihrer Rede auch den Mut zu unpopulären Äußerungen? | ||
Ist Ihr Argumentationsaufbau in den Augen Ihrer Kolleginnen und Kollegen systematisch und überzeugend? | ||
Haben Sie an die Praxisbezogenheit gedacht, etwa durch konkrete Beispiele oder aktuelle Geschehnisse? | ||
Sind Sie auf mögliche Fragen von Kolleginnen und Kollegen vorbereitet und haben Sie dafür auch die erforderliche Zeit eingeplant? |
Wenn Sie alle diese Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, können Sie sich als Betriebsratsvorsitzender darauf verlassen, dass Ihre Rede auf der Betriebsversammlung ein voller Erfolg wird.
Näheres zum Thema Betriebsrat finden Sie hier.
Sofortige Antworten auf alle Fragen zum Thema Betriebsrat finden Sie hier. Bei Betriebsrat heute finden Sie alle aktuellen Entwicklungen die Sie für Sie als Betriebsrat notwendig sind kompakt dargestellt. Mit vielen Hilfen, Checklisten, Betriebsvereinbarungen und Mustern. Direkt umsetzbar in die Praxis. Von Praktikern für Praktiker. Klicken Sie hier, um noch heute Ihren kostenlosen Gratistest zu starten und Sie werden sehen wie groß die Hilfe ist, die Betriebsrat heute Ihnen geben wird.