Kündigen ist kein Kinderspiel: Vor allem bei den Kündigungsfristen wird’s kompliziert: Gilt die gesetzliche Kündigungsfrist, die vertragliche – oder die vom Arbeitgeber im Kündigungsschreiben genannte? Auf die letzte Frage hat ein Gericht jetzt eine klare Antwort gefunden – zum Nachteil aller Arbeitgeber.
Das passiert, wenn der Chef sich verrechnet
Der Fall: „Wir kündigen fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30.04.2020.“ So stand es im Kündigungsschreiben des Arbeitgebers, das eine Putzfrau im vergangenen Jahr erhielt. Schnell war klar: Der Chef hatte sich bei der Kündigungsfrist getäuscht. Die wirkliche Kündigungsfrist war nämlich kürzer als gedacht. Tatsächlich hätte das Arbeitsverhältnis schon zum 15.03.2020 beendet werden können. Der Arbeitgeber berief sich auf die kürzere Kündigungsfrist – doch die Reinigungskraft wollte bis zum 30.04.2020 bleiben – und bezahlt werden.
Das Urteil: Sechs Wochen länger als nötig muss der Arbeitgeber die Kollegin bezahlen. Die Richter fanden, dass dem Kündigungsschreiben zu entnehmen sein muss, wann das Arbeitsverhältnis genau endet. Wählt der Arbeitgeber ein nach der Kündigungsfrist liegendes Datum für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, scheidet die Kollegin oder der Kollege auch erst dann aus dem Betrieb aus (LAG Hamm, Urteil vom 16.06.2021, 10 Sa 122/21).
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Erhält eine Kollegin oder ein Kollege die Kündigung, sollten Sie sich als Betriebsrat die Kündigungsfrist und den Kündigungstermin genau anschauen. Nennt der Arbeitgeber ein genaues Beendigungsdatum, sollten Sie nachrechnen. Einwandfrei ist es aber, wenn der Chef schriftlich „zum nächstmöglichen Termin“ kündigt und auf die einschlägige Kündigungsfrist hinweist.