4.225,59 €. So viel soll ein Polizist für einen Schaden an seinem Streifenwagen aus eigener Tasche zahlen, weil er zu schnell gefahren ist. Nicht der einzige Fall, in dem Kolleginnen und Kollegen von ihrem Dienstherrn für Schäden herangezogen werden können.
Mit 92 km/h unterwegs
Der Fall: So schnell wie möglich wollte ein Berliner Polizist zu einem gemeldeten Einbruch – und beschleunigte sein Einsatzfahrzeug innerstädtisch auf 92 km/h, obwohl die Verkehrslage unübersichtlich war. Obwohl der Ordnungshüter noch scharf bremste, kam es mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h zu einem Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug.
Daraufhin zog der Polizeipräsident den Beamten zum Ersatz der Hälfte des am Einsatzfahrzeug entstandenen Schadens heran, weil er grob fahrlässig gegen seine dienstlichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe.
Das Urteil: Ein Polizeibeamter, der bei einem Einsatz mit dem Dienstfahrzeug einen Unfall verursacht, kann für den hieraus entstehenden Schaden in Regress genommen werden, wenn er bei unübersichtlicher Verkehrslage mit zu hoher Geschwindigkeit zum Einsatzort fährt. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Die Richter folgten der Argumentation des Polizisten, dass besondere Eile geboten gewesen sei, weil anderenfalls die Einbrecher nicht mehr am Tatort anzutreffen gewesen wären, nicht.
Der Polizist habe die ihm aus der Straßenverkehrsordnung obliegenden Pflichten grob fahrlässig verletzt. Auch bei einer Inanspruchnahme von Sonderrechten (§ 35 StVO) dürften die Vorschriften über die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur missachtet werden, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur dadurch verursachten Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stehe. Daran habe sich der Beamte nicht gehalten.
Die konkreten Verhältnisse am Unfallort hätten von ihm größere Vorsicht und damit eine niedrigere Geschwindigkeit verlangt. Zudem habe der Einsatzzweck die Gefährdung Dritter nicht gerechtfertigt, da es nur um einen Einsatz im Zusammenhang mit einem gegenwärtigen Einbruch, nicht aber um eine akute Gefährdung von Personen gegangen sei. Deshalb hielten es die Richter für in Ordnung, dass der Polizeibeamte in Höhe der Hälfte des am Einsatzfahrzeug entstandenen Schadens – 4.225,59 Euro – in Regress genommen wurde, wobei das Mitverschuldens des anderen Unfallbeteiligten berücksichtigt wurde (VG Berlin, am 27.05.2024 veröffentlichtes Urteil vom 18.03.2024, 5 K 65/21).
Es kommt auf das Verschulden an
Um es klar zu sagen: Ob überhaupt und – wenn ja – in welcher Höhe Ihr Dienstherr eine Kollegin oder einen Kollegen finanziell bei einem Schaden heranziehen kann, hängt immer von einer Frage ab: Wie hoch ist das Verschulden der Kollegin oder des Kollegen am Eintritt des Schadens – und zwar egal, ob ein Einsatzfahrzeug zu Schrott gefahren wird oder ob ein mit Glas gefüllter Karton herunterfällt. Die folgende Übersicht zeigt, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen im Schadensfall haften:
Übersicht: Wie Ihre Kolleginnen und Kollegen für Schäden haften
Verschuldensgrad | Was das ist | Ersatzpflicht |
Leichte Fahrlässigkeit | Das, was jedem Mitarbeiter „mal passieren kann“, wie z. B. dass ein Karton aus der Hand rutscht | Keine Haftung Ihres Mitarbeiters. |
Mittlere Fahrlässigkeit | Ein Unfall aus Unachtsamkeit, z. B. weil Ihr Mitarbeiter mit dem Dienstwagen nicht auf den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug achtet und deshalb auffährt. | Ihr Mitarbeiter haftet für 50 % des Schadens, bei einem Verkehrsunfall aber höchstens in Höhe einer angemessenen Selbstbeteiligung der Vollkasko, in der Regel: 500 €. |
Grobe Fahrlässigkeit | Ihr Mitarbeiter hat den Unfall trotz bestehenden Alkoholverbots verursacht, weil er an- oder betrunken war. | Volle Haftung Ihres Mitarbeiters. |
Vorsatz | Ihr Mitarbeiter schmeißt einen Karton aus Ärger auf den Boden. | Volle Haftung Ihres Mitarbeiters. |
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Hat eine Kollegin oder ein Kollege einen Schaden grob fahrlässig verursacht, muss sie bzw. er trotzdem in vielen Fällen nicht voll haften. Bei der Höhe seiner Ersatzpflicht berücksichtigen die Gerichte in aller Regel auch seinen Verdienst. Geringverdiener müssen daher nur in geringerem Umfang für verursachte Schäden aufkommen als Besserverdiener.
(Stand: Mai 2024)