Jeder Fünfte in Deutschland hat schon eine: Tätowierungen werden immer beliebter. Doch die Tattoos können nicht nur am Arbeitsplatz schnell für Ärger sorgen, sondern schon vorher bei der Einstellung. Wegen der Art seiner Tätowierung wird nun nichts aus dem Traumberuf eines Mannes in Rheinland-Pfalz.
Loyalität und Ehre zu wichtig genommen
Der Fall: Der Bewerber wollte als Polizist im gehobenen Dienst eingestellt werden. Doch auf seinem kompletten oberen Rückenbereich trug der Mann eine Tätowierung mit den Worten „Loyalty, Honor, Respect, Family“. Als ihm deshalb die Einstellung verweigert wurde, verlangte der Bewerber seine Einstellung per einstweiliger Verfügung durchzusetzen.
Das Urteil: Daraus wird nichts. Der Bewerber hat keinen Anspruch auf die Einstellung in den gehobenen Polizeidienst, weil die Dienststellenleitung zu Recht annehmen durfte, dass dem Mann die charakterliche Eignung für das öffentliche Amt eines Polizisten fehlt. Die Voranstellung der Begriffe „Loyalität“ und „Ehre“ in dem Tattoo an erster und zweiter Stelle muss bei einem unbefangenen Betrachter den Verdacht nahelegen, dass diese Werte für den Träger der Tätowierung eine besondere Bedeutung haben. Daraus durfte die Dienststelle schließen, dass der Bewerber ein archaisches und überkommenes Wertesystem vertritt, dass mit den Aufgaben eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen sei, weil er im Zweifel „Loyalität“ und „Ehre“ über die Freiheitsrechte der Bürger stelle (VG Trier, Beschluss vom 27.09.2022, 7 L 2837/22).
Tätowierungen können aber nicht nur ein Einstellungshindernis sein, sondern auch ein Kündigungsgrund, wie dieses Urteil zeigt:
SS-Motto: Da hilft auch eine Änderung nichts mehr
Der Fall: „Meine Ehre heißt Treue.“ Ein angestellter Lehrer hatte sich das Motto von Hitlers Schutzstaffel (SS) in Frakturschrift auf den Oberkörper tätowieren lassen. Dafür erhielt er die fristlose Kündigung. Doch der Mann wehrte sich vor dem Arbeitsgericht und ließ die Tätowierung abändern.
Das Urteil: Half alles nichts. Die fristlose Kündigung ist wirksam. Die Richter sahen auch in diesem Tattoo ein Zeichen für mangelnde Verfassungstreue. Da nützen auch nachträgliche Änderungen nichts mehr. Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es nämlich auf den Zeitpunkt ihres Ausspruchs an und nicht auf den späteren Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.05.2021, 8 Sa 1655/20).
Diese Straftat führt zur fristlosen Kündigung
Nun handelte es sich in diesem Fall um einen Lehrer, der eigentlich ein Vorbild für Verfassungstreue sein sollte. Fakt ist aber: Auch Ihre Dienststelle darf einer Kollegin oder einem Kollegen, der sich ein verfassungsfeindliches Tattoo stechen lässt, fristlos kündigen. Das liegt an einem Straftatbestand, den kaum jemand kennt.
Die Rede ist vom Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB). Danach macht sich strafbar, wer
- Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, wie zum Beispiel der SS, verbreitet bzw. öffentlich verwendet oder
- derartige Kennzeichen dar- oder herstellt oder vorrätig hält.
Trägt also eine Kollegin oder ein Kollege eine Tätowierung, die ein solches Zeichen einer verfassungswidrigen Organisation darstellt, kann dies als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sein (§ 626 BGB).
Wichtiger Hinweis: Das Gleiche gilt übrigens für Tattoos, die eine Botschaft enthalten, die den Werten des öffentlichen Dienstes widerspricht.
Auch solche Tattoos können ein Kündigungsgrund sein
Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung liegt außerdem vor, wenn die Tätowierung einen
- gewaltverherrlichenden,
- sexistischen,
- rassistischen oder
- allgemein die Würde des Menschen verletzenden
Inhalt aufweist.
Nicht jedes Tattoo ist ein Kündigungsgrund
Das heißt aber nicht automatisch, dass jede Tätowierung als Kündigungsgrund genutzt werden kann. Selbst wenn ein Tattoo kein Kennzeichen verfassungsrechtlicher Organisationen zum Inhalt hat, ist eine Kündigung grundsätzlich möglich. Dazu muss aber das Tattoo den Werten des öffentlichen Dienstes und des Amtes widersprechen.
Wichtiger Hinweis: Inzwischen sind aber Tätowierungen derart weit verbreitet, dass Körperbilder nicht mehr zwangsläufig zu Kündigungen führen können. Vor allem dann nicht, wenn das Tattoo sich am Arbeitsplatz gut unter der Kleidung verstecken lässt.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Soll ein Tattoo als Kündigungsgrund herhalten, empfiehlt es sich für Sie als Personalrat in besonderem Maße, ein Gespräch mit der tätowierten Kollegin oder dem tätowierten Kollegen zu führen und auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, eine Kündigung zu vermeiden.
Bei Bedarf können Sie als Personalrat auch aktiv werden und zum Beispiel mit der Dienststellenleitung ein Gespräch über eine Kleiderordnung anregen. Durch entsprechende Kleidungsregeln lässt sich – zum Beispiel im kommenden Frühjahr und Sommer – vermeiden, dass Tätowierungen am Arbeitsplatz offen zu sehen sind.
Bei der Einführung einer Kleiderordnung haben Sie als Personalrat ein Mitbestimmungsrecht. Am besten schließen Sie hierzu mit Ihrer Dienststellenleitung eine Dienstvereinbarung.
Wichtiger Hinweis: Das gilt natürlich nicht für Tätowierungen mit verfassungsfeindlichen Inhalten, da diese eine Gesinnung der Kollegin oder des Kollegen vermuten lassen, die auf Untauglichkeit für den vorgesehenen Dienst schließen lassen.
Stand (17.10.2022)