Die Wahl zum Betriebsrat ist schon schwierig genug. Richtig kompliziert wird es aber, wenn es um die Verteilung der Betriebsratssitze nach dem Geschlecht geht. Das Gesetz verlangt nämlich, dass das Geschlecht, das in der Minderheit ist, bei der Besetzung der Arbeitnehmervertretung berücksichtigt werden muss. Das allein ist schon eine Wissenschaft für sich. Und demnächst kommt auch noch das 3. Geschlecht dazu.
Die Minderheit verdient Schutz
In jedem Betrieb ist ein Geschlecht in der Unterzahl. Oft sind das die Frauen. Logisch, dass dieses Geschlecht, dem die Minderheit der Mitarbeiter angehört, im Betriebsrat repräsentiert sein muss (§ 15 Abs. 2 BetrVG).
So berechnen Sie die Sitze des Minderheitengeschlechts
Das klingt einfach, ist es aber nicht. Die Zahl der Vertreter des Minderheitsgeschlechts im Betriebsrat lässt sich in der Praxis am besten wie folgt berechnen.
Wie viele Sitze es mindestens sein müssen
Zunächst muss festgestellt werden, wie viele Sitze im Betriebs- rat mindestens an das Minderheitsgeschlecht fallen. Das geht am leichtesten, in dem Sie die Anzahl der Kolleginnen und Kollegen in einer Tabelle nebeneinander eintragen und durch 1, 2, 3 usw. dividieren. In diesem Beispiel sind im Betrieb 30 Männer und 20 Frauen beschäftigt.
Die Mehrheitswahl findet Anwendung, wenn in Ihrem Betrieb regelmäßig zwischen 5 und 50 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt sind. Zwischen 51 und 100 Kolleginnen und Kollegen kann die Mehrheitswahl zwischen Ihnen als Betriebsrat und dem Arbeitgeber vereinbart werden.
Da dies häufig geschieht und vor allem in kleineren Betrieben die Berechnung des Minderheitsgeschlechts oft schwerfällt, erfolgt die weitere Berechnung am Beispiel der Mehrheitswahl.
Das 3. Geschlecht: Was das für die nächste Wahl bedeutet
Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser mindestens aus drei Mitgliedern besteht.
Nach dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die geschlechtliche Identität geschützt. Dieser Schutz beschränkt sich nicht nur auf das männliche und weibliche Geschlecht, sondern zusätzlich auf solche Arbeitnehmer, die dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind.
Die Rede ist vom so genannten 3. Geschlecht, das zur Betriebsratswahl 2026 personenstandsrechtlich anerkannt ist.
Das Minderheitengeschlecht – im Beispielsfall die Frauen – bekommt mindestens so viele Sitze, wie sich aus dieser Berechnung der Höchstzahlen ergibt. Bei einem dreiköpfigen Betriebsrat erhalten die Kolleginnen in Ihrem Betrieb also mindestens 1 Sitz.
Die weitere Berechnung richtet sich nur nach dem Wahlsystem, das in Ihrem Betrieb angewendet wird, also nach der Mehrheits- oder Verhältnismäßigkeitswahl.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Bei künftigen Betriebsratswahlen wird also – solange das BetrVG nicht geändert wird – der Wahlvorstand feststellen müssen, ob wahlberechtigte Arbeitnehmer in der Belegschaft dem 3. Geschlecht angehören und dies bei der Verteilung der Sitze zu berücksichtigen haben. Bis zur nächsten regulären Wahl in 2026 ist aber eine entsprechende Änderung des BetrVG zu erwarten.
(Stand 05.10.2020)