31.087 €. So viel Schulden hat jede Kollegin und jeder Kollege in Ihrer Dienststelle im Durchschnitt. Häufigste Gläubiger: Banken und Online-Händler. Vor allem in der Corona-Pandemie haben sich viele Kolleginnen und Kollegen beim Shoppen im Internet verschuldet. Jetzt kommen die Lohnpfändungen, weil die offenen Forderungen nicht mehr zurückbezahlt werden können. Was Sie als Personalrat tun können.
Mitbestimmung durch die Hintertür
Eines vorweg: Ein echtes Mitbestimmungsrecht haben Sie als Personalrat bei Lohnpfändungen nicht. In der Praxis werden Sie in der Sprechstunde trotzdem immer wieder mit diesem Thema konfrontiert. Es ist nämlich das gute Recht Ihrer Kolleginnen und Kollegen, sich bei Ihnen als Personalrat über eine Lohnpfändung zu beschweren, zum Beispiel, weil sie die Art und Weise, wie der Dienstherr den Pfändungsbetrag berechnet hat, für falsch halten. In solchen Fällen müssen Sie als Personalrat nicht untätig bleiben.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Hat eine Kollegin oder ein Kollege Zweifel, dass der Betrag, der im Rahmen der Lohnpfändung an den Gläubiger ausbezahlt wird, von der Dienststellenleitung richtig berechnet ist, und wendet er sich an Sie als Personalrat, sind Sie im Spiel. Denn es gehört es zu Ihren Aufgaben, eine solche Beschwerde an die Dienststellenleitung oder an das Personalamt weiterzuleiten.
Wichtiger Hinweis: Stellt sich heraus, dass zu viel einbehalten wurde, können Ihre Kolleginnen und Kollegen die Nachzahlung des unrechtmäßig gepfändeten Lohns vom Dienstherrn verlangen.
So schnell sitzt Ihr Dienstherr mit in der Schuldenfalle
Stellt der Gerichtsvollzieher eine Lohnpfändung zu, wird’s auch für Ihren Dienstherrn brenzlig. Handelt er nicht rechtzeitig oder nicht richtig, wird er selbst schnell zum Schuldner – oder besser gesagt: zum Drittschuldner. Das ist nämlich die Konstellation bei einer Lohnpfändung:
Gläubiger Ihre Kollegin oder Ihr Kollege der Dienstherr
(Schuldner) (Drittschuldner)
Bei der Lohnpfändung ist Ihr Dienstherr der sogenannte Drittschuldner. Das heißt: Mit der Übersendung des Pfändungsbeschlusses ist es verboten, das gepfändete Einkommen an den Schuldner, das heißt an Ihre Kollegin oder Ihren Kollegen, zu zahlen.
5 Schritte: So prüfen Sie als Personalrat jede Lohnpfändung
Schritt Nr. 1 | Zuerst stellt der Dienstherr also alle Vergütungszahlungen an Ihre Kolleginnen oder Kollegin ein. Das hat einen guten Grund: Ist die Lohnzahlung erst einmal raus, ist es zu spät. In der Regel ist der bereits ausgezahlte Betrag nämlich nicht mehr zurückzuholen. Wichtiger Hinweis: Der pfändbare Anteil muss vom Dienstherrn dann zweimal gezahlt werden. Denn: Der Pfändungsgläubiger hat weiterhin Anspruch auf den pfändbaren Teil des Lohns. |
Schritt Nr. 2 | Als nächstes prüft der Dienstherr sorgfältig, ob der gepfändete Lohnanspruch überhaupt besteht. Dies ist zum Beispiel nicht der Fall, wenn der 6-Wochen-Zeitraum für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall überschritten ist, eine (tarifliche) Ausschlussfrist greift, der Anspruch bereits vor Zustellung des Beschlusses durch Zahlung oder Aufrechnung erloschen ist. |
Schritt Nr. 3 | Jetzt gilt es für Ihren Dienstherrn, den Pfändungsbetrag fehlerfrei zu berechnen. Ob er dies getan hat, prüfen Sie als Personalrat am besten anhand der untenstehenden Schnell-Checks. |
Schritt Nr. 4 | Kommt Ihr Dienstherr bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu dem Ergebnis, dass ein Teil des Lohns Ihrer Kollegin oder Ihres Kollegen pfändbar ist, geht dieser an den jeweiligen Pfändungsgläubiger. Wichtiger Hinweis: Gibt es mehrere Gläubiger, ist die Rangfolge einzuhalten. Hier gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Also: die zeitlich älteste Pfändung wird zuerst bedient. Zum Auszahlungszeitpunkt: Der Gläubiger bekommt das Geld erst, wenn es Ihre Kollegin oder Ihr Kollege bekommen hätte. Erhält er seinen Lohn also zum 30. eines Monats, bekommt der Gläubiger ebenfalls erst am 30. sein Geld. Wichtiger Hinweis: Ihre Kollegin oder Ihr Kollege bekommt dann natürlich immer noch den unpfändbaren Teil ihres bzw. seines Lohns. |
Schritt Nr. 5 | Aus der Gehaltsabrechnung muss Ihr Dienstherr im Falle einer Lohnpfändung kein Geheimnis machen! Der Anspruch des Gläubigers aus der Lohnpfändung umfasst auch die entsprechende Gehaltsabrechnung. Ihr Dienstherr schickt dem Gläubiger der Lohnpfändung also immer eine Kopie der letzten drei Verdienstabrechnungen zu. Wichtiger Hinweis! Tut er das nicht, kann der Gläubiger auf eine entsprechende Bescheinigung klagen! (Amtsgericht (AG) Schwelm, Beschluss vom 09.08.2010, Aktenzeichen: 41 M 1095/09). |
Schnell-Check: Wie Sie als Personalrat das pfändbare Einkommen ermitteln
erledigt | |
Ziehen Sie die unpfändbaren Bruttobeträge vom Bruttoeinkommen ab. Ihre Kollegin oder Ihr Kollege wird also so behandelt, als hätte er diese Beträge überhaupt nicht erhalten. | |
Subtrahieren Sie als nächstes die Steuern und die von der Kollegin bzw. dem Kollegen zu tragenden Sozialversicherungsabgaben, die auf das ohne die unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen zu zahlen sind. | |
Ermitteln Sie fiktiv die Steuern und Abgaben, die auf das nach Abzug der unpfändbaren Bezüge verbleibende Bruttoeinkommen abzuführen wären. | |
Auf der Basis des fiktiven Arbeitseinkommens können Sie jetzt anhand der Lohnpfändungstabelle (§ 850c ZPO) den pfändbaren Betrag herausfinden. | |
Berechnen Sie schließlich das Nettoeinkommen unter Zugrundelegung der gesamten Abzüge und ziehen Sie hiervon den pfändbaren Betrag ab. |
Schnell-Check: Diese Beträge sind unpfändbar
Ihre Kollegin oder Ihr Kollege erhält zusätzlich zum Lohn | Ja | Nein |
vermögenswirksame Leistungen. | ||
Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung, beispielsweise für eine Direktversicherung, die der Arbeitgeber übernimmt. | ||
Urlaubsgeld, aber nicht der fortgezahlte Arbeitslohn, sondern nur der darüberhinausgehende Urlaubszuschuss. | ||
Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses, etwa Jubiläumszuwendungen oder Treueprämien, soweit sie sich im Rahmen des Üblichen halten. | ||
Aufwandsentschädigungen und Auslösegelder sowie soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen | ||
Tage- und Übernachtungsgelder in Höhe der steuerfreien Pauschalen | ||
Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen, die sich im üblichen Rahmen halten | ||
Heirats- und Geburtsbeihilfen | ||
Erziehungsgelder und Studienbeihilfen | ||
Weihnachtsgeld bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens jedoch 500 €. | ||
Entfernungspauschalen für die Fahrt mit dem auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen zwischen Wohnort und Arbeitsstätte. |
Haben Sie gerade hinter einer dieser Leistungen „Ja“ angekreuzt, bleibt diese Zahlung unpfändbar.