Seit dem Überfall der Hamas auf Israel sind judenhassende Äußerungen an der Tagesordnung. Egal, ob auf Demonstrationen, bei Facebook & Co. oder im Betrieb: Der Hass auf Juden bricht sich Bahn. Viele Kolleginnen und Kollegen sind sich gar nicht bewusst, welche Auswirkungen antisemitische Äußerungen auch abseits ihres Arbeitsplatzes in sozialen Netzwerken – und dazu gehört auch schon das Teilen eines fremden Beitrags – haben können.
Social Media: Hass gegen Juden nimmt zu
Die Zahl der antisemitischen Posts auf Social-Media-Plattformen oder in privaten Chats ist seit dem Angriff auf Israel regelrecht explodiert. Die bekanntesten Fälle für gegen Juden gerichtete Hate-Speech sind verschiedene Fußballprofis, die auf Facebook, Instagram & Co. antisemitische Inhalte geteilt haben. Doch auch normale Kolleginnen und Kollegen verbreiten derzeit Hass gegen Juden auf Social Media. Die meisten Arbeitgeber wollen das nicht dulden – auch wenn das antisemitische Verhalten meist in der Freizeit stattfindet – und reagieren mit arbeitsrechtlichen Sanktionen. Doch ist das eigentlich auch bei außerdienstlichem Fehlverhalten erlaubt?
Ihr Arbeitgeber kann mit einer Kündigung reagieren, wenn die fremdenfeindlichen Äußerungen einen Straftatbestand erfüllt, also zum Beispiel bei Volksverhetzung.
Schnell-Check: Wann eine Kündigung erlaubt ist
Ja | Nein | |
Hat die Kollegin oder der Kollege eine nebenvertragliche Pflichtverletzung begangen? Das ist der Fall, wenn sich die Kollegin oder der Kollege nicht an die gegenseitige Rücksichtspflicht im Arbeitsverhältnis hält („Loyalitätspflicht“). Durch eine judenhassende Äußerung verletzt die Kollegin oder der Kollege immer diese Loyalitätspflicht. | ||
Erfüllt die Äußerung der Kollegin oder des Kollegen einen Straftatbestand, wie zum Beispiel bei Volksverhetzung,Beleidigung oderVerleumdung? | ||
Lässt sich durch die Äußerung im Internet ein Rückschluss auf den Arbeitgeber herstellen? Hierzu reicht es schon, wenn bei den persönlichen Angaben „beschäftigt bei: …“ der Arbeitgeber genannt ist | ||
Ist die Äußerung ruf- oder geschäftsschädigend für den Arbeitgeber? Das ist bei Judenhass immer der Fall. |
Haben Sie als Betriebsrat diese Fragen mit „Ja“ beantwortet, ist eine fristlose Kündigung der Kollegin oder des Kollegen möglich.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Diesen Schnell-Check können Sie auch im Anhörungsverfahren verwenden, wenn es darum geht, ob Sie als Betriebsrat der Kündigung zustimmen sollen. Bei einer Kündigung wegen einer antisemitischen Äußerung, die Ihren Betrieb und Sie als Betriebsrat in ein schlechtes Licht rückt, sollten Sie die Zustimmung besser direkt und ausdrücklich erklären.
Wichtiger Hinweis: Vergessen Sie nicht, mit der Mehrheit – am besten sogar einstimmig – auf einer außerordentlichen Betriebsratssitzung einen entsprechenden Beschluss zu fassen.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Erhalten Sie als Betriebsrat aus dem Kollegenkreis den Hinweis, dass eine Kollegin oder ein Kollege sich gegenüber anderen oder Kunden antisemitisch geäußert hat, und stellt sich dies als richtig heraus, haben Sie als Betriebsrat noch eine weitere Möglichkeit: In diesem Fall können Sie sogar selbst die fristlose Kündigung fordern.