Ein- und Umgruppierungen sind ein Thema, bei dem vielen Betriebsräte der Durchblick fehlt. Kein Wunder: Das Mitbestimmungsrecht greift schon bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), in denen viele Kolleginnen und Kollegen schon anderweitig alle Hände voll zu tun haben. Das gilt vor allem in wirtschaftlichen Krisen, wie dieser. Trotzdem: Wer das Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen als Betriebsrat richtig nutzt, tut allen im Betrieb beschäftigten Kolleginnen und Kollegen einen großen Dienst.
Wann Ihr Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen greift
Sind in Ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt, haben Sie als Betriebsrat grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Einzelmaßnahmen. Dazu gehört auch die
- Ein- und
- Umgruppierung
von Kolleginnen und Kollegen (§ 99 BetrVG).
Das ist Ihre Aufgabe als Betriebsrat
Ihre Aufgabe als Betriebsrat ist es, darauf zu achten, dass Ihr Arbeitgeber bei individuellen Ein- und Umgruppierungen keinen Fehler macht.
Wichtiger Hinweis: Maßgeblich ist aus Sicht der betreffenden Kolleginnen und Kollegen vor allem, dass Sie als Betriebsrat ein Auge darauf haben, ob nicht eine höhere Eingruppierung – und damit eine bessere Bezahlung – möglich ist.
Übersicht: Das ist der Unterschied zwischen Ein- und Umgruppierungen
Eingruppierung | Umgruppierung |
Eine Eingruppierung ist jede Einstufung in eine bestimmte für die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen maßgebliche Lohn- oder Gehaltsgruppe. | Eine Umgruppierung liegt vor, wenn eine Kollegin oder ein Kollege von einer – nämlich seiner bisherigen – Entgeltgruppe in eine andere wechseln soll. |
So läuft die Einstufung in eine Entgeltgruppe ab
Das ist kein Hexenwerk: In welche Entgeltgruppe eine Kollegin oder ein Kollege eingestuft werden muss, ergibt sich aus der Entgeltordnung. Die ist in der Praxis in
- einem Tarifvertrag,
- einer Betriebsvereinbarung oder in
- einer betrieblich festgelegten Entgeltordnung
geregelt.
Die Entgeltordnung ist in mehrere Stufen aufgeteilt, in die Ihre Kolleginnen und Kollegen im Betrieb eingruppiert werden können. Um herauszufinden, welche Entgeltgruppe die richtige ist, kommt es darauf an, welche Tätigkeiten die Kollegin oder der Kollege vertraglich schuldet. Stimmen die der jeweiligen Gruppe zugeordneten Tätigkeiten mit den laut Arbeitsvertrag geschuldeten Aufgaben überein, hat die Kollegin oder der Kollege einen Anspruch, in die entsprechende Gruppe eingestuft und entsprechend bezahlt zu werden.
So rechtzeitig müssen Sie als Betriebsrat informiert werden
Als Betriebsrat können Sie Ihr Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen zum Wohl Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Betrieb natürlich nur optimal nutzen, wenn Sie von Ihrem Arbeitgeber
- umfassend und
- rechtzeitig
über eine Eingruppierung informiert werden.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Nur so sind Sie als Betriebsrat in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben und Ihre Zustimmung zu erteilen – oder nicht.
Wichtiger Hinweis: Deshalb müssen Sie so früh informiert werden, dass Sie noch die Gelegenheit haben, der Eingruppierung zu widersprechen.
Hinzu kommt, dass Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat nicht nur so früh wie möglich, sondern auch so umfassend wie möglich informieren muss. Das heißt: Er muss Ihnen alle Auskünfte geben, damit Sie als Betriebsrat Ihr Mitbestimmungsrecht wahrnehmen können, ohne weitere Rückfragen stellen zu müssen. Welche Informationen das sind, verrät Ihnen der folgende Schnell-Check:
Schnell-Check: Diese Informationen brauchen Sie als Betriebsrat
Hat Ihr Arbeitgeber in Zusammenhang mit der Ein- oder Umgruppierung einer Kollegin oder eines Kollegen Ihnen die folgenden Informationen gegeben: | Ja | Nein |
den Namen | ||
die Tätigkeit | ||
die Stellenbeschreibung | ||
die in Ihrem Betrieb anwendbare Entgeltordnung | ||
eine Begründung, warum die Ein- oder Umgruppierung erforderlich ist |
Lautet Ihre Antwort auf alle diese Fragen „Ja“, sind Sie von Ihrem Arbeitgeber ausreichend informiert, um Ihr Mitbestimmungsrecht ausüben zu können.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Suchen Sie als Betriebsrat das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, damit dieser mit einer frühzeitigen und schnellen Information im eigenen Interesse dafür sorgt, dass Sie der Ein- oder Umgruppierung so schnell und unkompliziert wie möglich erteilen können.
Schnell-Check: Wann Sie Ihre Zustimmung verweigern können
Verstößt die Ein- bzw. Umgruppierung gegen | Ja | Nein |
ein Gesetz | ||
den Tarifvertrag, | ||
eine Betriebsvereinbarung, | ||
eine personelle Auswahlrichtlinie (§ 95 BetrVG), | ||
eine gerichtliche Entscheidung, | ||
eine behördliche Anordnung, | ||
das Benachteiligungsverbot, | ||
den Schutz vor einer Störung des Betriebsfriedens oder | ||
das Gebot, der innerbetrieblichen Stellenausschreibung, wenn diese ausgeblieben ist? |
Haben Sie als Betriebsrat gerade mindestens einmal „Ja“ angekreuzt, können Sie Ihre Zustimmung aus gutem Grund verweigern.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Möchten Sie als Betriebsrat einer Ein- oder Umgruppierung nicht zustimmen, müssen Sie dies Ihrem Arbeitgeber mitteilen und ihn über den Grund für Ihre Entscheidung informieren. Dies muss innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat um Zustimmung gebeten hat.
Wichtiger Hinweis: Lassen Sie die Frist verstreichen, gilt Ihre Zustimmung zu der geplanten Ein- oder Umgruppierung als stillschweigend erteilt.
Haben Sie als Betriebsrat zur der geplanten Maßnahme „Nein“ gesagt, kann Ihr Arbeitgeber die fehlende Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen.
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Solange Sie als Betriebsrat vom Arbeitgeber nicht umfassend oder nicht rechtzeitig informiert wurden, beginnt die Wochenfrist nicht zu laufen. Zur eigenen Sicherheit sollten Sie dies aber unbedingt dokumentieren.
Muster: So rügen Sie beim Arbeitgeber fehlende Informationen
An die Geschäftsleitung
im Hause
Ein- bzw. Umgruppierung von Frau/Herrn …
Sehr geehrte Damen und Herren,
unter dem … haben Sie uns mitgeteilt, dass Sie planen, Frau/Herrn … an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Dies ist nach Ihren Angaben mit einer Umgruppierung verbunden.
Leider wurde uns als Betriebsrat nicht mitgeteilt, ab wann die Umgruppierung gelten soll und auf welcher Stelle Frau/Herr … zukünftig eingesetzt werden soll.
Diese Informationen sind für unsere Entscheidung wichtig. Wir bitten um eine entsprechende ergänzende Auskunft bis zum …
Wir machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass die gesetzliche Frist (§ 99 Abs. 3 BetrVG) noch nicht zu laufen begonnen hat. Ursache dafür ist, dass Sie als Arbeitgeber Ihrer Informationspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Betriebsratsvorsitzende(r)
Mein Tipp als Betriebsratsanwalt: Sobald Sie von Ihrem Arbeitgeber über eine geplante Ein- oder Umgruppierung informiert worden sind, sollten Sie als Betriebsrat ohne weiteres Zögern sämtliche Mitglieder zu einer Betriebsratssitzung sowie die Kollegin oder den Kollegen einladen, die bzw. der von der geplanten Maßnahme betroffen ist. Haben Sie sich entschieden, gilt es dies in einem Beschluss festzuhalten und Ihrem Arbeitgeber mitzuteilen.
Wichtiger Hinweis: Hat Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat bei einer Ein- oder Umgruppierung nicht beteiligt, können Sie beim zuständigen Arbeitsgericht beantragen, dass diese aufgehoben wird.
Wichtiger Hinweis: Schließt sich unmittelbar an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres Beschäftigungsverhältnis an, ist eine erneute Eingruppierung nach § 99 BetrVG nicht erforderlich, sofern sich die Tätigkeit der Kollegin bzw. des Kollegen nicht ändert.
Stand (16.12.2024)