Sich auf etwas verlassen können. Arbeitsplatz, Gehalt, Rente: Bei diesen Themen wünschen sich Ihre Kolleginnen und Kollegen vor allem Sicherheit. Die können Sie als Betriebsrat geben – sogar für immer. Das haben nun die höchsten deutschen Arbeitsrichter bestätigt.
Diese Ansprüche verwirken nicht
Der Fall: Seit 1955 war der Kollege bei ein und derselben Firma beschäftigt. Ein Grund dafür könnte die betriebliche Altersvorsorge gewesen sein, die auf einer Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1979 beruhte. Danach wurde jedes Dienstjahr bei einer ununterbrochenen Betriebszugehörigkeit mit 0,4 % des Arbeitseinkommens bewertet.
Doch 9 Jahre später schlossen Arbeitgeber und Betriebsrat eine neue Betriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersvor- sorge. Darin war geregelt, dass das Arbeitseinkommen nur noch mit 0,2 % bei der Berechnung der Betriebsrente bewertet wurde.
Der Grund für die Änderungen waren wirtschaftliche Schwierigkeiten der Firma gegen Ende der 80er Jahre. Im Jahr 2003 verabschiedete sich der Kollege dann in den Ruhestand – mit einer nach seiner Meinung um 119,12 € zu niedrigen Betriebsrente.
17 Jahre später klagte der rüstige Rentner bis vor das höchste deutsche Arbeitsgericht auf eine höhere Betriebsrente, weil er die Halbierung bei der Bewertung des Arbeitseinkommens für sachlich nicht gerechtfertigt hielt. Der Arbeitgeber wandte unter anderem ein, dass der Kollege mehr als 30 Jahre nach der neugefassten Betriebsvereinbarung keine Änderung seiner Betriebsrente mehr verlangen könnte.
Das Urteil: Die Richter stellten sich auf die Seite des Rentners. Zwar sei es richtig, dass Ansprüche verwirken können, wenn sich die Berechtigten nicht nach Treu und Glauben rechtzeitig auf ihre Rechte berufen (§ 242 BGB).
Doch bei Betriebsvereinbarungen ist das anders: Ansprüche, die aus einer solchen zwischen Ihnen als Betriebsrat und dem Arbeitgeber getroffenen Regelung stammen, können gesetzlich
ausdrücklich nicht verwirken (§ 77 Absatz 4 Satz 3 BetrVG). Damit kann sich der Kollege im Ruhestand durchaus noch auf die 32 Jahre alte Berechnung nach der Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1979 berufen.
Ob nun tatsächlich wirtschaftliche Gründe den Abschluss der neuen Betriebsvereinbarung vor mehr als 30 Jahren ge- rechtfertigt haben, muss nun das zuständige Landesarbeitsgericht noch prüfen. Dorthin verwiesen die Richter des Bundesarbeitsgerichts die Sache zurück (BAG, Urteil vom 13.10.2020, 3 AZR 246/20).
Wichtiger Hinweis: Das gilt auch für viele Betriebsvereinbarungen, die eigentlich schon beendet sind, aber noch nach- wirken. Das heißt nichts anderes, als das die Betriebsvereinbarung mit ihrem bisherigen Inhalt weiterhin auf die Arbeitsverhältnisse Ihrer Kolleginnen und Kollegen anwendbar bleibt. Insbesondere erzwingbare Betriebsvereinbarungen wirken bis zum Abschluss einer neuen Regelung weiter (§ 77 Absatz 6 Nr. 6 BetrVG). Bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen gibt es keine solche Nachwirkung. Es sei denn, diese wurde in der Betriebsvereinbarung selber so festgelegt.