„Da tut sich was!“ Bei sexueller Belästigung gibt’s die fristlose Kündigung
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Wer glaubt, das gibt’s nicht mehr, täuscht sich gewaltig. Sogar Mitarbeiter mit langer Betriebszugehörigkeit schrecken nicht davor zurück. Doch auch die müssen mit einer fristlosen Kündigung rechnen.
Wirksame Kündigung, auch, wenn sich das Opfer erst 3 Monate später meldet
Der Fall: Ein Kollege in einer Siegburger Firma fasste zunächst einer Kollegin und dann sich selbst in den Schritt. „Da tut sich etwas“, gab er der Kollegin daraufhin zu verstehen. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, kündigte er dem Kollegen fristlos, obwohl dieser bereits 16 Jahre ohne jede Beanstandung für die Firma gearbeitete hatte und der Kollege den Vorwurf bestritt. Ein weiteres Problem: Die Kollegin hatte erst nach 3 Monaten dem Arbeitgeber den Vorfall gemeldet.
Das Urteil: Die Kündigung ist wirksam. Die Kölner Richter folgten dem Arbeitsgericht Siegburg und schmetterten die Kündigungsschutzklage des Täters ab. Der war mittlerweile rechtskräftig wegen sexueller Belästigung nach § 184i Absatz 1 BGB zu einer Geldbuße von 60 Tagessätzen verurteilt worden. Wegen der Schwere der Tat war es dem Arbeitgeber nicht zumutbar, den Täter auch nur einen Tag weiter in seiner Firma zusammen mit der Kollegin weiterzubeschäftigen, so das Gericht. Dass die Kollegin sich erst 3 Monate nach der Tat an den Arbeitgeber wandte, hielten die Richter nicht für widersprüchlich (LAG Köln, Urteil vom 19.06.2020, 4 Sa 644/19).
In 43 % aller Fälle sind direkte Kollegen die Täter
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist weit verbreitet. 9 % der Befragten sind in den letzten 3 Jahren Opfer von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz geworden. Das ist das Ergebnis einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem vergangenen Jahr. Frauen waren dabei mit einem Anteil von 13 % mehr als doppelt so häufig wie Männer (5 %) betroffen, vermeldet die Behörde. Bei fast 43 % der Täter handelt sich um Kolleginnen und Kollegen. Bei 19 % war es ein Vorgesetzter oder eine in der betrieblichen Hierarchie höher gestellte Person.
Bei sexueller Belästigung kennen auch Sie als Betriebsrat kein Pardon
Keine Frage, bei sexueller Belästigung dürfen auch Sie als Betriebsrat kein Pardon kennen. Erst recht nicht, wenn die betroffene Kollegin oder der betroffene Kollege sich in seiner Not direkt an Sie als Betriebsrat wendet. Dann heißt es: Die Tat sofort an den Arbeitgeber melden und gemeinsam die richtigen Schritte ergreifen.
Wichtiger Hinweis: Achten Sie vor allem darauf, dass der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Pflicht aus § 12 Absatz 3 AGG nachkommt und die Kolleginnen oder Kollegen wirksam vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz schützt. Das gehört zu Ihren Aufgaben nach § 80 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG.
In den meisten schwereren Fällen sexueller Belästigung ist – wie das Urteil des LAG Köln wieder bestätigt – auch eine fristlose Kündigung angebracht. Als Betriebsrat können Sie von Ihrem Arbeitgeber sogar die Entlassung von Mitarbeitern fordern, die Kolleginnen oder Kollegen schwer sexuell belästigen (§ 104 BetrVG)
Eine Checkliste für eine fristlose Kündigung für Betriebsräte finden Sie hier.
Sofortige Antworten auf alle Fragen zum Thema Betriebsrat finden Sie hier. Bei Betriebsrat heute finden Sie alle aktuellen Entwicklungen die Sie für Sie als Betriebsrat notwendig sind kompakt dargestellt. Mit vielen Hilfen, Checklisten, Betriebsvereinbarungen und Mustern. Direkt umsetzbar in die Praxis. Von Praktikern für Praktiker. Klicken Sie hier, um noch heute Ihren kostenlosen Gratistest zu starten und Sie werden sehen wie groß die Hilfe ist, die Betriebsrat heute Ihnen geben wird.