Egal, wer das Dienstverhältnis wie beendet: Eine Abfindung gibt’s immer! So denken sich das viele Kolleginnen und Kollegen. Deshalb tauchen viele – sogar vor einer geplanten Eigenkündigung – im Personalratsbüro auf, um sich beraten zu lassen, wie sie das am besten anstellen. Dann ist es an Ihnen als Personalrat, den Kolleginnen und Kollegen diesen Zahn zu ziehen.
Abfindung ist keine Belohnung zum Abschied
Den warmen Geldregen zum Ende des Dienstverhältnisses gibt’s nämlich eher selten – und schon gar nicht, wenn eine Kollegin oder ein Kollege das Dienstverhältnis selbst beendet. Eine Abfindung hat nämlich weder den Sinn noch den Zweck, die Kollegin oder den Kollegen noch einmal für die geleisteten Dienste zu belohnen. Das hat der Dienstherr bereits mit der Zahlung der laufenden Bezüge getan.
Warum am 30.06.2025 oft eine Abfindung gezahlt wird
Am 30.09.2025 stehen wieder quartalsbedingte Kündigungen an. Zu diesem Stichtag finden also wieder viele Dienstverhältnisse ihr Ende – und die meisten betroffenen Kolleginnen und Kollegen erwarten eine Abfindung. Die gibt’s allerdings nur in diesen vier Szenarien:
Szenario Nr. 1: Wenn der Dienstherr das Klagerecht abkauft
Zur Zahlung einer Abfindung ist Ihr Dienstherr bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur verpflichtet, wenn er eine Kündigung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ausspricht. Diese Kündigungsart sieht nämlich vor, dass die betroffenen Kolleginnen und Kollegen für den Fall, dass sie bzw. er keine Kündigungsschutzklage erhebt, eine Abfindung erhalten. Mit anderen Worten: Ihr Dienstherr kauft Ihren Kolleginnen und Kollegen das Klagerecht quasi ab.
Der Sinn dahinter: Eine solche Kündigung mit Abfindungsangebot reduziert das Risiko auf Seiten Ihres Dienstherrn, wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen teuren Kündigungsschutzprozess führen zu müssen, an dessen Ende dann meist eine Abfindung fällig wird.
Wichtiger Hinweis: Hierzu muss die Kollegin oder der Kollege aber innerhalb von drei Wochen ab Zustellung der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeits- oder Verwaltungsgericht erheben.
Nach 3 Wochen wird die Abfindung automatisch fällig
Erhebt die Kollegin oder der Kollege nach Erhalt der Kündigung dagegen innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung keine Kündigungsschutzklage, wird automatisch die Abfindung fällig (§ 1 a KSchG). Gleichzeitig ist die Klagefrist abgelaufen, so dass die Kollegin oder der Kollege es sich nicht mehr anders überlegen und sich doch noch gegen die Kündigung zur Wehr setzen kann.
Kündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen
Eine solche Kündigung mit dem Angebot einer Abfindung ist aber nur zulässig, wenn diese wegen dringender dienstlicher Erfordernisse erforderlich ist. Außerdem muss das Kündigungsschreiben einen klaren Hinweis darauf enthalten, dass die Kündigung
- auf ebendiese dringenden dienstlichen Erfordernisse gestützt ist und
- die Kollegin oder der Kollege Mitarbeiter die versprochene Abfindung beanspruchen kann, wenn er die Klagefrist verstreichen lässt (§ 1a Absatz 1 Satz 2 KSchG).
Keine Klage: So hoch ist die Abfindung
Und so berechnen Sie als Personalrat in diesem Fall die Abfindung:
0,5 Monatsverdienste brutto stehen der Kollegin oder dem Kollegen für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zu.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Bei der Berechnung der Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt ein Jahr, in dem die Kollegin oder der Kollege mehr als sechs Monate beschäftigt war, als volles Jahr, für das der oben genannte Abfindungsanspruch besteht (§ 1a Absatz 2 KSchG).
Beispiel: Ihre Kollegin ist seit dem 01.01.2018 als Angestellte in Ihrer Dienststelle mit einer monatlichen Brutto-Vergütung in Höhe von 3.500 € beschäftigt. Ihr Dienstherr kündigt das Dienstverhältnis zum 30.09.2025.
Folge: Die Abrechnung berechnet sich so:
€ | |
Sechs volle Beschäftigungsjahre:6 x 3.500 € = | 21.000 |
Neun Monate Beschäftigung im Kündigungsjahr:0,5 x 3.500 € | 1.750 |
Abfindungsanspruch | 22.750 |
Das gehört zum Monatsverdienst
Als Monatsverdienst gilt übrigens all das, was die Kollegin oder der Kollege bei der für ihn üblichen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet, an Geld und Sachbezügen vertraglich erhält. Dazu zählen zum Beispiel auch
- Prämien und Provisionen,
- wiederkehrend gezahlte Zulagen, wie etwa für Nacht-, Schicht- oder Gefahrenzulagen,
- einmalige Zahlungen, die Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen für einen längeren Zeitraum versprochen wurde, wie zum Beispiel ein 13. Monatsgehalt,
- Sachbezüge in Form von geldwerten Vorteilen, wie zum Beispiel einen Dienstwagen.
Szenario Nr. 2: Der Auflösungsantrag
Einen Anspruch auf eine Abfindung hat die Kollegin oder der Kollege auch dann, wenn sie oder er den Kündigungsschutzprozess gewinnt, eine Weiterbeschäftigung in Ihrer Dienststelle aber unzumutbar ist.
Wichtiger Hinweis: Dazu muss die Kollegin oder der Kollege aber rechtzeitig vor Schluss der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung stellen.
Auslösungsantrag: So rechnen die Richter
Die Höhe der Abfindung bestimmten dann die Richter. Sie orientieren sich dabei nach dem Lebensalter der Kollegin oder des Kollegen und der jeweiligen Dienstzeit. An der folgenden Tabelle können Sie erkennen, wie hoch die Abfindungszahlung ist, die Ihr Dienstherr in diesem Fall zahlen muss:
Lebensalter des Arbeitnehmers | Mit maximaler Abfindung |
Unter 50 Jahren | 12 Monatsverdienste |
Ab 50 Jahren und bei einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren | 15 Monatsverdienste |
Ab 55 Jahren und bei einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 20 Jahren | 18 Monatsverdienste |
Szenario Nr. 3: Vertragliche Abfindung
Schließlich kann Ihre Kollegin oder Ihr Kollege bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann eine Abfindungszahlung verlangen, wenn sich ein solcher Anspruch aus
- dem Arbeitsvertrag
- dem Tarifvertrag oder
- einer Dienstvereinbarung ergibt.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Schauen Sie also immer in den Arbeitsvertrag. Nicht selten ist es üblich, mit Führungskräften bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag eine feste Abfindungssumme zu vereinbaren.
Werfen Sie auch hier einen Blick hinein
Überprüfen sollten Sie als Personalrat außerdem mögliche Ansprüche aus einem Tarifvertrag oder einer Dienstvereinbarung. Hier kann sich unter bestimmten Bedingungen ein Abzahlungsanspruch ergeben, um soziale Nachteile im Falle einer Kündigung zu mildern.
Szenario Nr. 4: Ein Vergleich vor Gericht
Die letzte Möglichkeit, unter der eine Kollegin oder ein Kollege von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung verlangen kann, ist ein gerichtlicher Vergleich: Das ist in der Praxis übrigens auch der häufigste Fall, in dem Ihr Dienstherr eine Abfindung zahlen muss.
Dieser Abfindungsanspruch setzt aber voraus, dass beide Seiten dem gerichtlichen Vergleich zustimmen. Mit anderen Worten: Es kommt auf das Verhandlungsgeschick der Kollegin oder des Kollegen an, ob eine Abfindung fällig wird, und wie hoch diese ist. Erscheint Ihnen das Angebot des Dienstherrn oder der Vorschlag des Gerichts zu hoch, müssen Sie sich auf den Vergleich nicht einlassen und können auf ein Urteil bestehen.
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Gibt der Richter bereits einen Hinweis darauf, dass er gute Chancen sieht, dass die Kündigung keinen Bestand hat, sollte sich die Kollegin oder der Kollege – wenn überhaupt – nur auf einen sehr günstigen Vergleich einlassen.
Stand (14.04.2025)