Die neueste Idee in vielen Personal-abteilungen: Weil Personaler offene Stellen optimal besetzen wollen, wird bei Bewerbungen neuerdings immer öfter ein Motivationsschreiben verlangt. Das steckt dahinter.
In dem Motivationsschreiben sollen Bewerber die Personaler schon vor dem
Vorstellungsgespräch davon überzeugen, dass sie richtig Lust auf den Job haben.
Die Betriebsräte bekommen meist nicht zu sehen, was die möglichen neuen Kollegen schreiben. Sie schon!
Einstellungen
Schnell-Check: So finden Sie heraus, ob die Unterlagen vollständig sind
das Bewerbungsschreiben
der Lebenslauf
alle Zeugnisse
der Personalfragebogen
alle schriftlichen Auskünfte von Dritten, wie zum Beispiel ein polizeiliches Führungszeugnis
das Ergebnis des Einstellungstests oder des Assessment-Centers
das Motivationsschreiben
Prüfen Sie als Betriebsrat sorgfältig, ob Ihnen alle Unterlagen vorliegen. Haben Sie alle Punkte im Schnell-Check abgehakt, ist Ihr Einsichtsrecht bei der Einstellung erfüllt.
So finden Sie heraus, was in diesem neuen Bewerbungsschreiben steht
Viele Unternehmen stellen jetzt schon die personellen Weichen fürs Weihnachtsgeschäft. Dafür haben sich Per- sonalabteilungen in deutschen Unter-nehmen wieder etwas Neues einfallen lassen, von dem Sie als Betriebsrat viel- leicht noch nichts wissen: Motivationsschreiben, die auch den letzten Arbeitgeber überzeugen sollen
Die meisten Betriebsräte bekommen diese Schreiben von möglichen neuen Kollegen meistens noch nicht zu sehen. Höchste Zeit, dass zu ändern!
„Her damit!“ Das ist Ihr Recht als Betriebsrat
Verlangen Sie als Betriebsrat von Ihrer Personalabteilung einfach, dass auch Ihnen die neuen Motivationsschreiben vorgelegt werden. Denn das ist Ihr gutes Recht als Betriebsrat, wenn in Ihrem Unternehmen mindestens 20 wahlbe- rechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. (BAG, Beschluss vom 14.04.2015, 1 ABR 58/13). Ein kleiner Hinweis darauf im Anforderungsschreiben zeigt, dass Sie Ihre Rechte als Betriebsrat kennen. Bei der Flut an Unterlagen, die dann auf ih- ren Schreibtisch im Betriebsratsbüro flattert, geht schnell der Überblick verloren. Hat Ihr Arbeitgeber oder Ihre Personalabteilung Ihnen als Betriebsrat wirklich alle Bewerbungsunterlagen zur Verfügung gestellt? Davor scheuen sich in der Praxis viele Personalabteilungen und Arbeitgeber. Mit dem Schnell-Check überprüfen Sie, ob die Bewer- bungsunterlagen, die Ihnen als Betriebs- rat vorgelegt werden, vollständig sind.
Einsicht in Bewerbungsunterlagen: So haken Sie als Betriebsrat richtig nach
Stellt die Personalabteilung die Bewerbungsunterlagen – auch die neuen Motivationsschreiben – nicht oder nur un- vollständig zur Verfügung, sollten Sie zunächst nachfragen, warum dies nicht geschieht. Ein kleiner Hinweis auf die Rechtslage kann dabei nicht schaden, denn die Einsicht in Bewerbungsunterlagen neuer Kollegen ist keine Gefällig- keit, sondern Gesetz (§ 99 BetrVG).
Hilft das nicht, wird es Zeit für dieses unmissverständliche Schreiben:
Mein Tipp als Betriebsrats-Anwalt:
Noch sind es keine Kollegen. Doch
jeder Bewerber könnte einer werden. Deshalb sollten Sie als Be- triebsrat vor der Einstellung Ihr Einsichtsrecht nutzen, um noch Einfluss auf die personelle Entscheidung nehmen zu können.
Muster: So holen Sie sich, was Ihnen als Betriebsrat zusteht
Sehr geehrte Frau …,
vielen Dank! Die Bewerbungsunterlagen des Herrn …, bei dem es sich offenbar um Ihren Favoriten für die offene Stelle als Lagerist handelt, haben wir erhal- ten.
Leider fehlen uns als Betriebsrat noch Unterlagen der anderen Bewerber. Es fehlen die in der Stellenanzeige verlangten Motivationsschreiben aller Bewerber.
Bitte reichen Sie die Unterlagen bis spätestens 15.10.2019 nach. Unser Recht auf Einsicht in die Bewerbungsunterlagen nach § 99 BetrVG ist erst erfüllt, wenn uns die Unterlagen aller Bewerber vorliegen (BAG, Beschluss vom 14.04.2015, 1 ABR 58/13).
Einmalige Chance: So bekommen Sie die Bewerbungsunterlagen Diese Chance sollten Sie als Betriebsrat nicht verstreichen lassen, sondern sich von Ihrer Personalabteilung oder vom Arbeitgeber alle Bewerbungsunterlagen vorlegen lassen – auch die neuen Mo- tivationsschreiben, die viele Arbeitgeber jetzt von Bewerbern verlangen. Und zwar von:
– dem neuen Kollegen, der eingestellt werden soll, und
– allen anderen Bewerbern, also auch von den unberücksichtigten.
Ihr Anspruch, die Unterlagen von allen Bewerbern einzufordern, hat das Bundesarbeitsgericht bereits bestätigt
Wichtiger Hinweis! Der Arbeitgeber muss seine handschriftlichen Notizen aus dem Vorstellungsgespräch vorlegen, soweit diese nicht komplett belanglos sind.

