Deutschland ist unbeliebt bei ausländischen Fachkräften. Pedantisch, unhöflich und provinziell. So sehen uns laut einer neuen Expat-Studie gut ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland – und gehen nicht zuletzt deshalb lieber in ein anderes Land. Das soll sich mit den Neuheiten rund um die Blaue Karte nun ändern. Die Lust, in Deutschland zu arbeiten, soll sich vergrößern. Bisherige Beschäftigungsgrenzen fallen. Das sind die sechs Änderungen.
Änderung Nr. 1: Die Gehaltsgrenzen werden gesenkt
Die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in Regel- und Engpassberufen werden deutlich gesenkt. Künftig gilt ein Mindestgehalt
- von 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023: 39.682,80 Euro) für die Engpassberufe und Berufsanfängerinnen und -anfänger, das sind aktuell 39.682,80 €.
- sowie 50 % für alle anderen Berufe, was aktuell rund 43.800 € entspricht.
Änderung Nr. 2: Jetzt sollen auch Berufseinsteiger kommen
Nur mit älteren ausländischen Fachkräften lässt sich kein Staat machen. Das hat inzwischen auch die Bundesregierung bemerkt – und öffnet nun Berufseinsteigerinnen und -einsteigern aus dem Ausland endlich die Tore. Mit anderen Worten: Die Möglichkeit, die Blaue Karte zu erhalten, bekommt jetzt ein größerer Personenkreis als zuvor.
Zum Beispiel können ausländische Akademikerinnen und Akademiker, die innerhalb der letzten drei Jahre einen Hochschulabschluss erworben haben, eine Blaue Karte EU erhalten, wenn diese mit dem Job in Deutschland ein Mindestgehalt von 45,3% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (im Jahr 2023: 39.682,80 Euro) erreichen. Dies gilt sowohl für Engpass- als auch Regelberufe.
Änderung Nr. 3: Wer jetzt auch ohne Hochschulabschluss die Blaue Karte bekommt
Neu ist zudem, dass IT-Spezialistinnen und -Spezialisten künftig eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie
- zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber
- mindestens drei Jahre vergleichbare Berufserfahrung nachweisen können.
In diesem Fall gilt ebenfalls die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe (45,3% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze; im Jahr 2023: 39.682,80 Euro).
Ein wichtiger Schritt aus der Sicht vieler Arbeitgeber und Betriebsräte – vor allem in der für den Wirtschaftsstandort Deutschland so wichtigen IT-Branche. Hier lassen nach neuesten Daten schon rund ein Drittel der offenen Stellen nicht besetzen.
Änderung Nr. 4: Die Liste der Engpassberufe wird größer
Die Blaue Karte bekommen bisher nur ausländische Fachkräfte, die in einem der so genannten Engpassberufe – also in Bereichen, in denen hierzulande der Fachkräftebedarf am größten ist – arbeiten. Das wird auch im neuen Jahr so bleiben. Allerdings wird die Liste der Engpassberufe länger:
Zusätzlich zu den bisherigen Engpassberufen in den Feldern
- Mathematik,
- Informatik,
- Naturwissenschaften,
- Ingenieurwesen und
- Humanmedizin.
können künftig auch Fachkräfte in den folgenden Berufsgruppen die Blaue Karte bekommen:
- Führungskräfte in der Produktion bei der Herstellung von Waren, im Bergbau, im Bau sowie in der Logistik,
- Führungskräfte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie,
- Führungskräfte in der Erbringung von speziellen Dienstleistungen, wie zum Beispiel in der Kinderbetreuung und im Gesundheitswesen,
- Tierärztinnen und Tierärzte,
- Zahnärztinnen und Zahnärzte,
- Apothekerinnen und Apotheker,
- Fachkräfte in der Krankenpflege- und Geburtshilfe mit akademischem oder vergleichbarem Abschluss sowie
- Lehr und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich.
Auch hier gilt die niedrigere Gehaltsschwelle für Engpassberufe (45,3% der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze; im Jahr 2023: 39.682,80 Euro).
Änderung Nr. 5: Die Reisefreiheit in der EU wird verbessert
Für Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU, die ein anderer EU-Mitgliedstaat ausgestellt hat, wird die kurz- und langfristige Mobilität nach Deutschland ermöglicht. Das heißt: Für einen Aufenthalt von höchstens 90 Tagen dürfen Blaue Karte-Inhaberinnen und -Inhaber aus anderen EU-Staaten nach Deutschland kommen und
- sich hier zum Zweck einer geschäftlichen Tätigkeit,
- die in direktem Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung steht,
aufhalten.
Wichtiger Hinweis: Für diesen Kurzaufenthalt ist weder ein Visum noch eine Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit notwendig.
Nach einem Mindestaufenthalt von zwölf Monaten mit der Blauen Karte EU in einem anderen EU-Staat ist der langfristige Umzug nach Deutschland ohne Visum möglich.
Wichtiger Hinweis: Eine deutsche Blaue Karte muss nach der Einreise bei der Ausländerbehörde beantragt werden.
Änderung Nr. 6: Jetzt darf auch die Familie kommen
Bei Inhaberinnen und Inhabern der Blauen Karte EU, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat mit ihrer Familie gelebt haben, wird der Familiennachzug vereinfacht.
Sind diese Familienangehörigen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit visumpflichtig, sind sie berechtigt, mit den im vorherigen Mitgliedsstaat ausgestellten Aufenthaltstiteln als Familienangehörige des Inhabers einer Blauen Karte
- nach Deutschland einzureisen und
- sich hier aufzuhalten,
- ohne zuvor ein Visumverfahren zu durchlaufen.
Wichtiger Hinweis: Bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in Deutschland fallen die Anforderungen des ausreichenden Wohnraums (§ 29. Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) und der Lebensunterhaltssicherung (§ 5 Abs.1 Nr. 1 AufenthG) weg.