Im Job gibt’s Spielregeln – und die legt das Gesetz oder Ihre Dienststellenleitung mit Hilfe ihres Weisungsrechts fest! Wer sich nicht an diese Regeln hält, muss mit einer Abmahnung rechnen. Zeigt Ihre Dienststellenleitung einer Kollegin der einem Kollegen die „gelbe Karte“ können Sie als Personalrat daran erst einmal nichts ändern. Bei ratsuchenden Kolleginnen und Kollegen lohnt es sich aber, wenn Sie einmal genau hinsehen.
Sofort die Kündigung: So einfach ist es meistens nicht
Beispiel: Ihr Kollege ist ein notorischer Zu-Spät-Kommer. Sein Verhalten droht sich bereits auf andere Kollegen zu übertragen. Ihre Dienststellenleitung reagiert darauf mit einer Abmahnung.
Folge: Eine angemessene Reaktion. Die verspätete Arbeitsaufnahme ist gerade bei jüngeren Mitarbeitern verbreitet und rechtfertigt – und das auch bei den Älteren – nicht sofort zur verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hinzu kommt: Oft reicht schon ein kleiner Warnschuss, damit die Kollegin oder der Kollege wieder pünktlich am Arbeitsplatz erscheint – und Ihre Dienststellenleitung kann sich die quälende Suche nach einem qualifizierten Ersatz sparen.
Ausnahme: Wann sich die Dienststellenleitung die „gelbe Karte“ sparen kann
Doch es gibt eine Ausnahme: In der Probezeit kann Ihre Dienststellenleitung zu spät kommende Kolleginnen und Kollegen und bei ähnlichen Fehlverhalten innerhalb einer verkürzten Kündigungsfrist von zwei Wochen auch sofort vor die Tür setzen – und das ohne Angabe von Gründen.
3 Schritte: Und wann Sie sich als Personalrat einmischen dürfen
Reaktion | Mitbestimmung | |
Schritt Nr. 1 | Beim leichtem Fehlverhalten sollte Ihre Dienststellenleitung zunächst eine schriftliche Ermahnung aussprechen. So zeigt sie Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen, ohne dass dies Konsequenzen hat, zunächst den erhobenen Zeigefinger. | Keine |
Schritt Nr. 2 | Ihre Dienststellenleitung muss die Kollegin oder den Kollegen für jedes einzelne Mal, dass sie bzw. er zu spät kommt, schriftlich abmahnen. 3 Mal sollten sie das tun und beim letzten Mal eindeutig mit der Kündigung drohen. | keine |
Schritt Nr. 3 | Sind alle Ihre Abmahnungen ohne Erfolg geblieben, kann die Dienststellenleitung das Arbeitsverhältnis fristgerecht ordentlich zum nächsten möglichen Termin kündigen. | Anhörung |
Das sind die häufigsten Kündigungsgründe, bei denen vorher abgemahnt werden muss
Manche Fehlverhalten passieren wieder und wieder. Deshalb kommt es in der Praxis immer zu den gleichen Kündigungsgründen. Das sind die wichtigsten, die von den Arbeitsgerichten bereits bestätigt wurden.
Schnell-Check: Die in der Praxis relevantesten Abmahnungsgründe
Leistet sich eine Kollegin eines der folgenden Fehlverhalten? | Ja | Nein |
· Alkoholmissbrauch, solange keine krankhafte Sucht vorliegt | ||
· Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, verspätet | ||
· Arbeitsverweigerung, beharrliche | ||
· Arbeitszeitbetrug | ||
· Beleidigung des Arbeitgebers | ||
· Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Verrat | ||
· Diskriminierendes Verhalten | ||
· Drogenmissbrauch, solange keine Sucht vorliegt | ||
· Nebentätigkeit, wenn nicht genehmigte | ||
· Schlechtleistung | ||
· Straftaten im Dienst | ||
· Tätlichkeiten gegenüber Arbeitskollegen | ||
· Unentschuldigtes Fehlen | ||
· Unpünktlichkeit | ||
· Verbotene Internetnutzung | ||
· Verbotene private Telefonate während der Arbeitszeit |
Wichtiger Hinweis: In den rot gedruckten Fällen kann sich Ihre Dienststellenleitung die Abmahnung sogar sparen und kann sofort kündigen.
Schnell-Check: Diese 4 Bestandteile dürfen in keiner Abmahnung fehlen
enthalten | fehlt | ||
Bestandteil Nr. 1 | Beschreibung des beanstandeten Verhaltens, also des Vorwurfs, der Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen gemacht wird. | ||
Bestandteil Nr. 2 | Hinweis, dass durch das Fehlverhalten eine Pflicht verletzt wurde. | ||
Bestandteil Nr. 3 | Aufforderung an die Kollegin oder den Kollegen, das vorgeworfene Verhalten abzustellen oder zu ändern. | ||
Bestandteil Nr. 4 | Warnung, verbunden mit der Androhung von Konseqenzen im Wiederholungsfall (in der Regel die Kündigung). |
Fehlt einer dieser Bestandteile, führt das in der Regel zur Unwirksamkeit der Abmahnung und damit auch der späteren Kündigung.
Kündigung wegen falschem Verhalten: So einfach geht das nicht
Jeden Tag kassieren Arbeitsgerichte hunderte Kündigungen wieder ein. Die häufigsten Niederlagen von Dienststellenleitungen hagelt es bei verhaltensbedingten Kündigungen, weil Richter die Pflichtverletzungen von Kolleginnen und Kollegen ganz anders bewerten, als der Dienstherr. In diesen fünf Schritten prüfen Sie eine verhaltensbedingte Kündigung wie der Richter. Nur vorher.
5 Schritte: Fehlt nur einer, war’s das mit der Kündigung
Schritt Nr. 1 | Es liegt ein vertragswidriges, schuldhaftes Verhalten vor. Beispiel: Die Kollegin oder der Kollege meldet sich im Krankheitsfall nicht wie vorgeschrieben unverzüglich bei seinem Vorgesetzten. |
Schritt Nr. 2 | Die Dienststellenleitung hat – sofern erforderlich – das Fehlverhalten erfolglos abgemahnt. |
Schritt Nr. 3 | Es sind auch in Zukunft Vertragsstörungen durch die Kollegin oder den Kollegen zu erwarten, zum Beispiel, weil sie oder er trotz mehrerer Abmahnungen weiter zu spät kommt. |
Schritt Nr. 4 | Mildere Mittel, wie etwa eine Abmahnung, eine Versetzung oder eine Änderungskündigung, die das Fehlverhalten bei Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen abstellen können, gibt’s nicht. |
Schritt Nr. 5 | Eine Interessenabwägung hat ergeben, dass das Interesse der Dienststellenleitung an der Beendigung des Arbeitsverhältnis gegenüber dem Ihrer Kollegin bzw. Ihres Kollegen an einer Weiterbeschäftigung überwiegt. |
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Hat Ihre Dienststellenleitung auch nur einen dieser fünf Schritte ausgelassen, sollten Sie als Personalrat der Kündigung widersprechen.
Stand (03.02.2025)