Für Kolleginnen und Kollegen mit Behinderung sind Assistive Technologien, kurz AT, hilfreiche Unterstützungen bei der täglichen Arbeit. Und die Geräte werden zunehmend digitaler und vernetzter und werden so in Zukunft immer mehr Menschen mit Behinderung in Deutschland ihren (Berufs-)Alltag erleichtern. Und das Beste: die Anschaffungskosten werden zumeist von den Rehabilitationsträgern übernommen.
Neue Technologien mit Potenzial für Assistive Technologien
Die Assistiven Technologien (Auch: Unterstützungstechnologien) machen es Ihnen und Ihren Kollegen mit Behinderung einfacher, am Erwerbsleben teilzuhaben. Außerdem sind sie eine attraktive Lösung für Ihren Arbeitgeber, da er so Fachkräfte mit Behinderung einstellen kann. Und es gibt noch einen weiteren Pluspunkt beim Einsatz Assistiver Technologien: Sie lassen sich nach § 167 SGB IX in die Prävention und Ihr betriebliches Eingliederungsmanagement einbinden.
Aktuelle technologische Entwicklungen bieten zahlreiche neue Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen. Besonders relevant sind:
- Künstliche Intelligenz (KI): Ermöglicht automatische Spracherkennung, Bilderkennung und personalisierte Assistenzsysteme.
- Robotik: Exoskelette und Serviceroboter könnten zukünftig für mehr Bewegungsfreiheit und damit Selbstständigkeit sorgen.
- Mensch-Maschine-Schnittstellen: Neue Steuerungsmöglichkeiten wie Hirn-Computer-Schnittstellen oder sprachgesteuerte Assistenten.
- Smarte Sensoren: Verbesserte Umweltkontrolle durch Sensoren, die Bewegungen oder Vitalwerte erfassen.
- Internet der Dinge: Vernetzte Hilfsmittel wie intelligente Rollstühle oder Smart-Home-Anwendungen.
- Additive Fertigung (3D-Druck): Ermöglicht maßgeschneiderte Prothesen und Hilfsmittel.
- Neue Materialien: Innovative Werkstoffe verbessern Stabilität und Funktionalität von Hilfsmitteln.
- Autonome Fahrzeuge: Selbstfahrende Rollstühle und smarte Navigationssysteme könnten Mobilität erhöhen.
- Virtuelle und erweiterte Realität (VR/AR): Erleichtert die Orientierung und Schulung für Menschen mit Einschränkungen.
Gefahren und Risiken bewerten
Die technologischen Entwicklungen bergen große Chancen, stellen aber auch Herausforderungen dar. Folgende Fragen sind dabei für Sie als Schwerbehindertenvertretungen relevant:
- Sind die neuen Technologien bezahlbar und für alle zugänglich?
- Werden sie in der Arbeitswelt und im privaten Bereich adäquat eingesetzt?
- Gibt es ausreichende Schulungen und Wartungsmöglichkeiten für die Nutzerinnen und Nutzer?
- Sind Datenschutz und Sicherheit der vernetzten Geräte gewährleistet?
So faszinierend und hilfreich diese Systeme sind, wichtig ist dabei auch die möglichen Risiken für Sicherheit und Gesundheit Ihrer Kollegen auszuschließen. Mögliche Gefährdungen müssen durch eine Gefährdungsbeurteilung von Ihrem Arbeitgeber geprüft und möglicherweise durch Schutzmaßnahmen abgesichert werden (ArbSchG).
So stellen Sie Unterstützungsbedarfe fest
Beim Einsatz der Assistenztechnologien geht es zunächst darum, in Form einer Arbeitsanalyse den Bedarf am Arbeitsplatz der Kollegen zu ermitteln und festzulegen. Entscheidend ist, dass geeignete Systeme ausgewählt werden, die akustisch, sensorisch, motorisch oder kognitiv die Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz unterstützen.
Tipp: Arbeitgeber und Dienststellenleitungen sind oft verunsichert, wenn sie mit einem Gesundheitsproblem eines ihrer Beschäftigten konfrontiert werden. Eine Beratung durch externe Expertinnen und Experten ist empfehlenswert, wie zum Beispiel durch technische Beratungsdienste oder Integrationsfachdienste. Klären Sie jedoch zuvor, ob dadurch Kosten entstehen und wie diesen getragen werden.
Übersicht: Diese externen Fachstellen beraten beim Einsatz technischer Arbeitshilfen
- Technischer Beratungsdienst der Arbeitsagentur
- Technischer Beratungsdienst der Integrationsämter/Inklusionsämter
- Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA)
- Integrationsfachdienste
- Inklusionsberatung der Kammern
- Betriebliche Interessenvertretung und Integrationsteam
- Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Arbeitsmedizin und Betriebsmedizin
- Firmenservice der Rentenversicherung
- Reha-Beratung der Renten- und Unfallversicherung
- Ansprechstellen für Rehabilitation und Teilhabe
- Hilfsmittelberatungsstellen
- Ansprechstellen für Rehabilitation und Teilhabe
Tipp: Lassen Sie sich von der großen Menge der Beratungsmöglichkeiten nicht verwirren. Wenden Sie sich zunächst an die Stellen, die bereits zuvor gut mit Ihnen kooperiert haben.
Diese Förderung Assistiver Technologien gibt es
Ob die zum Einsatz kommenden ATs gefördert werden, ist unter anderem abhängig von Schweregrad der Behinderung, Behinderungsursache sowie Art und Einsatzzweck. Im Sozialgesetz sind solche Hilfsmittel an die einzelnen Leistungs- und Versorgungsbereiche gekoppelt, wie das beispielsweise in SGB 5 § 33 oder SGB IX § 47 der Fall ist.
- Werden die ATs zum Beispiel von der schwerbehinderten Person persönlich mitgeführt, z. B. in Form eines Tablets etc., muss sie selbst einen Förderantrag stellen. Das bedeutet, dass sie die Förderung direkt erhält. Im Leistungsbescheid ist dann der Schwerbehinderte Arbeitnehmer oder die Arbeiterin als Eigentümer des Hilfsmittels vermerkt.
- Werden die ATs dagegen in Ihrem Betrieb oder der Dienststelle zur barrierefreien Ausstattung der Arbeitsplätze eingesetzt und verbleiben die Geräte dort, kann Ihr Arbeitgeber bzw. Dienstherr den Förderantrag stellen.
- Werden die Arbeitsplätze für Mitarbeiter mit Schwerbehinderung ausgestattet, können die Integrationsämter im Rahmen der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach § 185 SGB IX finanzielle Unterstützung bieten. Die Begleitende Hilfe im Arbeitsleben umfasst alle Leistungen, die Ihnen und Ihren schwerbehinderten Kollegen die Teilhabe am Arbeitsleben sichert.
Attraktive für Arbeitgeber: Wer die Hilfsmittel finanziert
Die Finanzierung von Hilfsmitteln zur beruflichen Teilhabe kann durch verschiedene Leistungsträger erfolgen:
Rehabilitationsträger: Dazu zählen unter anderem die gesetzlichen Krankenkassen, die Rentenversicherungsträger und die Bundesagentur für Arbeit. Sie sind verantwortlich für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und können die Kosten für notwendige Hilfsmittel übernehmen.
Integrationsämter / Inklusionsämter: Diese Einrichtungen fördern im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben. Sie können finanzielle Unterstützung für die behinderungsgerechte Ausstattung von Arbeitsplätzen gewähren.
Tipp: Die Zuständigkeit des jeweiligen Leistungsträgers hängt vom individuellen Fall ab, insbesondere von Faktoren wie der Art der Behinderung, dem Beschäftigungsverhältnis und dem spezifischen Bedarf des Betroffenen. Es ist daher wichtig, frühzeitig Kontakt mit den entsprechenden Stellen aufzunehmen, um eine optimale Unterstützung zu gewährleisten.
Welche Unterlagen gehören zum Förderantrag?
Sobald feststeht, welche technischen Hilfen angeschafft und gefördert werden sollen, kann Ihr Arbeitgeber oder Dienstherr vor der Anschaffung den Antrag auf Förderung stellen. Antragsformulare stellen die Rehabilitationsträger und Integrations-/Inklusionsämter zur Verfügung. Um den Antrag schnell voranzubringen, können Sie mit der schwerbehinderten Kollegin bzw. Kollegen bereits im Vorfeld die notwendigen Unterlagen zusammentragen
Checkliste: Diese Unterlagen sollten zur Förderung vorliegen
Unterlagen | Vorhanden |
Ärztliches Attest oder Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik über Art und Umfang der Behinderung | |
Angaben über die behandelnden Ärztinnen und Ärzte | |
Gutachten | |
Nachweis über die anerkannte Schwerbehinderung oder Gleichstellung | |
Angaben zur Person sowie zum schulischen und beruflichen Werdegang | |
Stellen- oder Tätigkeitsbeschreibung, aus der die berufliche Relevanz der Einschränkung hervorgeht | |
Kopie des Arbeitsvertrages | |
Kostenvoranschläge für geplante Maßnahmen (für technische Hilfen, bauliche Veränderungen); die Anzahl kann regional unterschiedlich sein | |
Sozialversicherungsnachweise, Krankenversicherungskarte | |
Mitteilung der zuständigen Berufsgenossenschaft | |
Schweigepflichtentbindungserklärung der Ärztin oder des Arztes, des Medizinischen Dienstes oder der Berufsgenossenschaft |
Wichtig: Die beizufügenden Nachweise können je nach Bundesland oder Leistungsträger variieren
Checkliste: Sie führen Sie Assistive Technologien ein
Um eine erfolgreiche Implementierung von Hilfsmitteln am Arbeitsplatz zu gewährleisten, empfiehlt sich ein strukturierter Ablauf, den Sie ausfolgender Checkliste entnehmen können:
Maßnahme | Durchgeführt |
Bedarf feststellen: Identifizieren Sie Anzeichen für Beeinträchtigungen, wie häufigere Fehlzeiten oder sinkende Produktivität, um notwendigen Anpassungsbedarf zu erkennen. | |
Externe Beratung nutzen: Ziehen Sie Fachleute hinzu, um geeignete Hilfsmittel und Maßnahmen zu bestimmen. | |
Arbeitsplatz prüfen und Risiken beurteilen: Analysieren Sie den Arbeitsplatz hinsichtlich ergonomischer und sicherheitstechnischer Aspekte. | |
Maßnahmen planen und erproben: Entwickeln Sie individuelle Lösungen und testen Sie diese in der Praxis. | |
Förderantrag stellen: Beantragen Sie finanzielle Unterstützung bei den zuständigen Leistungsträgern. | |
Maßnahmen umsetzen und kontrollieren: Führen Sie die geplanten Maßnahmen durch und bewerten Sie deren Wirksamkeit. |
Wenn Sie alle Punkte angehakt haben, haben Sie eine systematische und effektive Integration von Hilfsmitteln im beruflichen Umfeld erreicht.
Stand (02.04.2025)