Ein Oberregierungsrat ist wahrscheinlich der König im Zu-Spät-Kommen. 1614 Stunden verpasste der Beamte, weil er regelmäßig zu spät zum Dienst erschien. Für die Dienststellenleitung war das ein Grund, ihn sofort aus dem Dienst entfernen zu lassen. Doch so einfach geht das nicht.
1.614 Stunden zu spät gekommen
Der Fall: Der Kollege, der bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Bafin) beschäftigt war, hielt sich einfach nicht an die Kernarbeitszeiten: Über vier Jahre kam der Beamte an 816 Tagen zu spät. In der Summe machte das 1.614 Stunden aus. Die Dienststellenleitung leitete deshalb ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein und erhob schließlich Klage. Das Ziel: Seine Dienstentfernung.
Das Urteil: Daraus wurde nichts. Die höchsten deutschen Verwaltungsrichter stuften den Kollegen lediglich auf das Amt eines Regierungsrates zurück. Obwohl der Beamte sich uneinsichtig zeigte und beharrlich zu spät gekommen sei, hätte die Dienststellenleitung erst weniger einschneidende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Kürzung der Bezüge, ergreifen müssen (BVerwG, Urteil vom 28.03.2023, 2 C 20.21).
Mein Tipp als Personalratsanwalt: Als Personalrat dürfen Sie mitbestimmen, ob gegen eine Kollegin oder einem Kollegen eine Disziplinarklage erhoben wird (§ 84 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG). Prüfen Sie dabei immer, ob nicht zuerst leichtere Sanktionen, wie zum Beispiel eine Kürzung der Dienstbezüge, ergriffen worden sind. Das Urteil zeigt, dass dies sogar bei schwereren Dienstvergehen meist zunächst der Fall sein muss.